BVGD: Reformen im Gesundheitswesen dringend benötigt – „Weiter so“ wäre fatal

Überlastetes Klinikpersonal, alleingelassene Assistenzärzte, Kliniken in Finanznot – was durch die Corona-Pandemie kurzzeitig aus dem Blickfeld geraten ist, tritt mit der Rückkehr der Krankenhäuser in den Regelbetrieb wieder deutlich zutage: Ärztinnen und Ärzte gehen in ihrem Alltag oft an ihre Belastungsgrenze oder sogar darüber hinaus. Aktuell etwa holen die Kliniken Operationen und Untersuchungen nach, die sie zu Beginn der Pandemie aus Gründen des Infektionsschutzes verschoben hatten. Schon vor der Pandemie fühlten sich nach Zahlen des Marburger Bundes fast 60 Prozent der Ärzteschaft regelhaft überlastet. Vor allem unter jungen Klinikärzten wächst die Unzufriedenheit mit ihrem Beruf, betont der Berufsverband Gastroenterologie Deutschland e.V. (BVGD). Die Experten des Verbandes fordern, die aktuelle Dynamik in der Gesundheitspolitik zu nutzen, um mit wirksamen Reformen die Arbeitsbedingungen von Ärzten zu verbessern und eine hochwertige Ausbildung des dringend benötigten ärztlichen Nachwuchses zu gewährleisten.

Als zu Beginn der Corona-Pandemie nicht unbedingt notwendige Eingriffe aus Gründen des Infektionsschutzes verschoben wurden, bot dies für Ärzte verschiedener Fachbereiche einen kurzen Moment des Durchatmens. Mit der schrittweisen Normalisierung des Klinikbetriebs hat aber auch die Arbeitsbelastung von Ärzten wieder das hohe Niveau der Zeit vor der Krise erreicht. Dabei verbringen Ärzte einen großen Teil ihres Arbeitstages gar nicht mit der Behandlung von Patienten, sondern mit zeitintensiven Verwaltungsaufgaben und Behandlungsdokumentationen. „Durch bürokratische Vorgaben und den ökonomischen Druck auf Kliniken ist die lückenlose Dokumentation von Behandlungsschritten mit Blick auf die finanzielle Vergütung inzwischen wichtiger, als die eigentlichen Aufgaben eines Arztes: Die Beschäftigung mit dem Patienten und seiner Therapie“, kritisiert Professor Dr. med. Joachim Labenz, Vorstandsvorsitzender des BVGD. „In der Corona-Krise wurden die bürokratischen Fesseln für Ärzte massiv reduziert und unser Gesundheitssystem hat bestens funktioniert. Es ist bedenklich, dass erst eine Pandemie kommen muss, um ein krankes System aufzudecken“, so der Direktor der Klinik für Innere Medizin am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen.

Neben den bürokratischen Hürden kritisiert Labenz die betriebswirtschaftlichen Fehlanreize des DRG-Systems. „Nach dem DRG-System muss die stationäre Behandlung so „optimiert“ werden, dass die Behandlung eines Patienten den maximalen finanziellen Erlös bringt“, so der Experte. Als Beispiel für den negativen Einfluss des DRG-Systems auf die Arbeitsdichte und Belastung von Ärzten nennt Labenz die Darmspiegelung zur Krebsvorsorge: Hier wurde die Vergütung zum 1. April um 10 Prozent gesenkt und gleichzeitig die vorgesehene Behandlungsdauer von 30 Minuten auf 18 Minuten herabgesetzt. „Kürzt man die Behandlungszeit, leidet die Qualität!“, warnt er. Zeit und Geld fehlen auch im Bereich der Weiterbildung der Assistenzärzte. „Weiterbildung lebt davon, dass junge Ärzte Befunde oder Therapieoptionen mit erfahrenen Kollegen diskutieren. Das DRG-System sieht die dafür benötigte Zeit aber nicht vor, sondern betrachtet die Weiterbildung als Kostenfaktor“, so Labenz. In der Summe sorge das DRG-System dafür, dass immer mehr Ärzte unzufrieden, frustriert und schlimmstenfalls Burnout-gefährdet seien. Einer Umfrage unter den BVGD-Mitgliedern zufolge trifft dies besonders auf junge und Krankenhausärzte zu.

Daher formuliert der BVGD-Vorsitzende klare Forderungen an die Politik: „Statt das Gesundheitssystem weiter auf Wettbewerb zu trimmen, muss das Patientenwohl wieder in den Mittelpunkt rücken. Dafür ist es wichtig, dass sich Ärzte wieder auf die Patientenversorgung konzentrieren können und sie weniger durch Verwaltungsaufgaben und aberwitzige Dienstpläne belastet werden“, fordert Labenz. Außerdem müssen mehr Zeit und Geld in die Weiterbildung des dringend benötigten ärztlichen Nachwuchses investiert werden. Allgemein seien grundlegende Reformen eine absolute Notwendigkeit, um eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung zu erhalten. „Wenn wir nichts ändern, fliegt uns das Gesundheitssystem um die Ohren!“, warnt der BVGD-Vorsitzende.

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Der Berufsverband Gastroenterologie Deutschland e.V. (BVGD) tritt seit seiner Gründung im Jahre 2000 für die Belange aller in der Gastroenterologie tätigen Ärzte und Wissenschaftler ein, insbesondere für die Vertretung ihrer berufs- und standespolitischen, sowie wirtschaftlichen Belange. Durch die Bündelung der gastroenterologischen Kräfte soll ein alleiniger und kompetenter Ansprechpartner für die Öffentlichkeit, aber auch für politische und staatliche Organisationen, Nachbardisziplinen auf dem Gebiet der Inneren Medizin, der Chirurgie, Radiologie, Dermatologie und anderen medizinischen Teilbereichen und schließlich der Industrie geschaffen werden.

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