Privates Wagniskapital auch nach der Corona-Krise nutzen

Junge innovative Unternehmen, die auf die Vermarktung von neuen, bisher unbekannten Produkten oder Dienstleistungen setzen, haben es oft schwer, ihren Start in den Markt zu finanzieren. Der Weg über die klassische Darlehensfinanzierung ist ihnen meist verstellt, da den Banken ein Engagement zu riskant ist und die nötigen Sicherheiten fehlen. So sind diese Unternehmen auf Investoren oder Fonds angewiesen, die eine Beteiligung an den jungen Unternehmen wagen, und am Erfolg der Unternehmen durch Gewinnbeteiligung oder, häufiger noch, am Veräußerungserlös ihrer Beteiligung verdienen. Im Falle des Misserfolgs haben die Investoren u.U. den Totalverlust ihrer Investition zu tragen. 

Das ZEW hat mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) in einer für Deutschland repräsentativen Studie die Veränderungen der Beteiligungsinvestitionen in bis zu vier Jahre alten Unternehmen aus den Hightech-Branchen von 2013 bis 2018 untersucht. Die Studie zeigt, dass umfassende Veränderungen stattgefunden haben: 

➙ Die Anzahl der jungen Unternehmen, die von Privatinvestoren mitfinanziert wurden, ist seit 2013 um über 50 Prozent gestiegen (von ca. 3.350 auf etwa 5.100).

➙ Der Anteil der so finanzierten jungen Unternehmen der Hightech-Branchen stieg von sieben Prozent auf 13 Prozent.➙ Das gesamte Finanzierungsvolumen, das durch Privatinvestoren in junge Hightech-Unternehmen investiert wurde, hat sich von 2013 auf 2018 sogar mehr als verzehntfacht (von knapp 85 Millionen Euro auf etwa 925 Millionen Euro).

➙ Die Durchschnittsinvestitionen von Privatpersonen in junge Hightech-Unternehmen haben sich im Zeitraum 2013 bis 2018 fast versechsfacht (von etwa 115 Tausend Euro auf 780 Tausend Euro). 

Insgesamt hat sich das Engagement von privaten Personen bei der Wagniskapitalfinanzierung von innovativen Gründungsprojekten und jungen Hightech-Unternehmen seit 2013 immens ausgeweitet.
 

„Genügend viel“ Wagniskapital wird oft als wichtige Voraussetzung dafür gesehen, dass Gründerinnen und Gründer erfolgversprechende Gründungsprojekte auch tatsächlich verfolgen können. Mit der steigenden Verfügbarkeit solcher Beteiligungen, so die Hoffnung, könnte auch eine größere Anzahl von innovativen Gründungsprojekten in Angriff genommen werden. Insofern wäre zu erwarten, dass die Anzahl von Unternehmensgründungen in den Hightech-Branchen zwischen 2013 und 2018 wegen der besseren Versorgung mit Kapital zugenommen hat. 

„Aber das Gegenteil ist der Fall“, betont Dr.  Georg Licht, Forschungsbereichsleiter am ZEW, „die Anzahl der jungen Unternehmen in den Hightech-Branchen sank von 2013 auf 2018 von rund 46.500 auf etwa 39.500, ein Rückgang um 15 Prozent“. Dies legt nahe, die Ursachen für das immens gestiegene Finanzierungsengagement der Privaten bei jungen Hightech-Firmen eher in den Rahmenbedingungen an den Finanzmärkten zu sehen, als in der Situation der Hightech-Branchen. „Anlagemöglichkeiten für Schuldverschreibungen oder Finanztitel lohnen sich kaum, deshalb orientieren sich private Anleger sehr stark in Richtung Realwirtschaft. Die Situation an den Aktienmärkten wird stark von großen institutionellen Anlegern oder Hedgefonds geprägt, so dass der Weg zu einzelnen, in den Markt startenden Unternehmen eine lohnende Alternative darstellt“, erläutert Licht. Aber die sinkende Anzahl von innovativen Gründungen, mithin von möglichen Investitionsobjekten, führt zu stärkeren Konzentrationen auf einzelne Unternehmen und damit zur deutlichen Verbesserung der Chancen dieser finanzierten Unternehmen, die Phase in den Markt gut und erfolgreich zu bewältigen. Dagegen ist eine Stimulierung der Gründungstätigkeit in den Hightech-Branchen durch mehr Wagniskapital nicht auszumachen. „Hier muss die Politik andere Hebel finden“, meint Licht. 

Es ist nicht davon auszugehen, dass sich Grundsätzliches an der Situation für Privatinvestoren durch die Corona-Krise ändern wird. Privatinvestoren speisen ihre Finanzierungsmittel in aller Regel aus Vermögen, nicht aus laufendem Einkommen. Die Krise wird daher kurzfristig die potenziellen Investitionsmittel kaum nennenswert vermindern. Die Chancen innovativer Gründungsprojekte werden von aktuellen Marktsituationen ebenfalls nicht stark tangiert. Hier kommt es auf die mittel- bis langfristigen Perspektiven auf den Märkten für innovative Produkte und Dienstleistungen an. „Man kann durchaus davon ausgehen, dass die guten Bedingungen für privates Finanzierungsengagement auch die Krise überleben“, zeigt sich Licht optimistisch. Er kann sich auch vorstellen, dass die Privatinvestoren „ihren“ jungen Unternehmen beistehen, wenn sie doch krisenbedingt in Liquiditätsschwierigkeiten geraten sollten. „Die Alternative wäre der Totalverlust, keine sehr attraktive Option“, meint Licht. Wichtig wäre es allerdings, dass die Bundesregierung endlich ernst machen würde mit einer Art Rettungsschirm für innovative Startups, um insbesondere erfolgversprechende Unternehmen in der Startphase in die nächste Finanzierungsrunde zu retten.

Download der Studie

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW rund 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

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