Bedford-Strohm: „Die Kirche will sich verändern“

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat heute in Hannover ihre Mitgliederzahlen für das Jahr 2019 bekannt gegeben. Demnach gehörten zum Stichtag 31.12.2019 insgesamt 20.713.213 Menschen einer der 20 Gliedkirchen der EKD an. Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von rund 25 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Mitglieder um rund zwei Prozent gesunken. Im Jahr 2018 war die Zahl der Mitglieder um 1,8 Prozent zurückgegangen. Langfristig ist davon auszugehen, dass sich die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen halbieren werden. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie zur langfristigen Entwicklung der Kirchenmitglieder und des Kirchensteueraufkommens bis 2060 des Forschungszentrums Generationenverträge (FZG) der Albert-Ludwig-Universität Freiburg.

Ursächlich für den Rückgang war auch im Jahr 2019 nicht zuletzt die hohe Zahl an Austritten. Nach den aktuellen Berechnungen aus den Gliedkirchen auf Basis der gemeldeten vorläufigen Zahlen sind im Jahr 2019 mit etwa 270.000 Menschen rund 22 Prozent mehr Menschen aus der Kirche ausgetreten als noch im Vorjahr. Die Zahl der evangelisch Verstorbenen lag 2019 mit rund 340.000 in vergleichbarer Größenordnung wie im Vorjahr. Auch die Zahl der Taufen und Aufnahmen lag im Jahr 2019 mit rund 160.000 Taufen und 25.000 Aufnahmen etwa auf dem Niveau des Vorjahres:

„Angesichts dieser Herausforderungen werden wir nicht tatenlos bleiben“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm. „Jeder einzelne Austritt schmerzt, nicht zuletzt, weil alle Mitarbeitenden hochmotiviert arbeiten“, so Bedford-Strohm. „In mehreren Zukunftsprozessen, die bereits unmittelbar nach dem Reformationsjubiläum 2017 auf den Weg gebracht wurden, wollen wir die Basis dafür stärken, dass sich Sinn und Bedeutung der Kirche für den Einzelnen und die Gesellschaft erschließt.“ Die Corona-Krise hat gezeigt: Seelsorge und Trost, Orientierung und Solidarität sind für jeden einzelnen, aber auch für die Gesellschaft wichtiger denn je: „Die Kirche will sich verändern und tut dies jetzt schon“, sagte Bedford-Strohm. So seien im Zuge der Digitalisierung der Kirche bereits jetzt viele neue Formate entstanden, die während der Corona-Krise gut angenommen worden seien. „Um Menschen künftig für den Glauben und die Kirche zu gewinnen oder zurückzugewinnen, braucht es neben geistlicher Ausstrahlung und orientierender Kraft auch einen selbstkritischen Blick auf gewachsene Formate und Strukturen“, so der Ratsvorsitzende. Aber zugleich gibt es zu wenig Gegenkräfte gegen die Zersplitterung der Gesellschaft: „Starke Kirchen können Zusammenhalt fördern und Brücken bauen. Beides wird oft leichtfertig von den politischen Rändern in Frage gestellt“, so Bedford-Strohm.

„Die Gründe für die zuletzt erhöhten Austrittszahlen will die evangelische Kirche in einer eigenen Studie erforschen“, kündigte Bedford-Strohm an. Diese solle vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD (SI) durchgeführt werden und den Zeitraum der vergangenen zwei Jahre in den Blick nehmen.

Im laufenden Jahr erwartet die EKD aufgrund der Corona-Pandemie einen deutlichen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen von – je nach wirtschaftlicher Entwicklung – zehn bis 25 Prozent. „Die EKD hat die Freiburger Studie sehr ernst genommen und schon vor Corona beschlossen, den Aufwand im Haushalt real um 30 Prozent bis 2030 anzupassen. Wir wollen Handlungsspielräume für die Zukunft erhalten und werden dabei noch stärker auf Mitgliederbindung achten und öffentlich präsent bleiben“, so der Leiter der EKD-Finanzabteilung Carsten Simmer.

Die Kirchenmitgliederzahlen zum 31.12.2019 sind abrufbar unter https://www.ekd.de/ekd-statistik-22114.htm.

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