BGH zu Nutzungsänderung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (Lagerraum in Wohnraum)

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Amtlicher Leitsatz:

  1. Verlangt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit einer vor dem 01.12.020 anhängigen Klage von einem Wohnungseigentümer Unterlassung einer gegen die Gemeinschaftsordnung verstoßenden Nutzung (hier: Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken), kommt es nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes am 01.12.2020 für die Prozessführungsbefugnis des Verbandes nicht mehr darauf an, ob ein Vergemeinschaftungsbeschluss vorlag. Dies ist auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigen.
  2. Ein Sondereigentümer kann ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer sein Teileigentum nicht in Wohnungseigentum umwandeln, es sei denn, in der Gemeinschaftsordnung ist ein entsprechender Vorbehalt enthalten (sog. Änderungsvorbehalt).
  3. Die Nutzung einer Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken ist bei typisierender Betrachtungsweise jedenfalls dann nicht störender als die vorgesehene Nutzung und deshalb zulässig, wenn es an einer einschränkenden Zweckbestimmung für das Teileigentum fehlt, die Teileigentumseinheit in einem separaten Gebäude (mit getrennter Kostenregelung) gelegen ist und auch die übrigen Sondereigentumseinheiten ausschließlich der Wohnnutzung dienen (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 23. März 2018 – V ZR 307/16).

Zum Sachverhalt:

In einer auf zwei Gebäude verteilten und aus 9 Einheiten bestehenden WEG hat der Beklagte das Sondereigentum an den in einem der beiden Gebäude untergebrachten Räumen („Lagerraum" lt. Teilungserklärung, „TE"). Die übrigen 8 Einheiten befinden sich im anderen Gebäude. In der TE ist zwar eine Baubefugnis des Beklagten, nicht aber ein Änderungsvorbehalt dergestalt, dass ohne Änderung der TE eine andere Nutzung festgeschrieben werden könnte, enthalten. Wesentlich ist, dass nun die WEG den Beklagten verurteilen lassen wollte, die Wohnnutzung zu unterlassen.

Die Entscheidung:

Der BGH hat diesen Antrag zurückgewiesen und dem Beklagten Recht gegeben. Neben der in Ziff. 1. des Leitsatzes thematisierten Frage, ob die WEG nach neuem Recht richtiger Anspruchsinhaber ist, auch wenn ein unter altem Recht gefasster Vergemeinschaftungsbeschluss möglicherweise unwirksam war (was der BGH bejaht, weil §§ 9a II und 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG n.F. auch auf solche Fälle anwendbar seien, die vor dem Inkrafttreten der Novelle rechtshängig wurden), interessiert hier v.a. die Entscheidung zur Möglichkeit einer von der TE abweichenden Nutzung. Im Ausgangspunkt bestätigt der BGH seine bisherige Rechtsprechung, wonach ein Eigentümer, der seine ihm als Teileigentum (also Räume, die nicht Wohnzwecken dienen) zugewiesene Einheit zu Wohnzwecken nutzt, grundsätzlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Darin liege die Verletzung des Eigentums der übrigen Sondereigentümer, die grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB begründen kann (der nach neuem Recht nur noch von der WEG geltend gemacht werden kann). Ein Eigentümer der abweichend von der TE eine Nutzung festschreiben wolle, müsse dazu eine Vereinbarung aller Miteigentümer herbeiführen. In der vorliegenden TE sei nichts anderes geregelt, insbes. kein sog. Änderungsvorbehalt enthalten, der eine erleichterte Abänderung der TE ermöglicht hätte. Insbes. sei die Regelung zur Baubefugnis nicht den Fallgruppen zuzuordnen, in denen der BGH eine Regelung für zulässig ansieht, die neben einer Baubefugnis ausdrücklich auch die Befugnis zur Änderung der TE enthält. Im entschiedenen Fall geht der BGH davon aus, dass die TE nicht festlegt, dass die Einheit „nur" als Lager genutzt werden darf. Dagegen spreche zum einen die Baubefugnis. Zudem fehlten für die Einheit des Beklagten nähere Gebrauchsregelungen in der TE, während solche bei den anderen Einheiten geregelt gewesen seien. Im Wesentlichen hält der BGH fest, dass Wohnnutzung im Vergleich zu einer gewerblichen Nutzung bei typisierender Betrachtung – die immer den Maßstab für die Prüfung bildet, ob eine Nutzung noch zulässig ist – nicht regelmäßig als störender anzusehen sei. Er grenzt damit den Fall ab gegen eine frühere Entscheidung, in der er Wohnnutzung bei typisierender Betrachtungsweise als in einem Ärztehaus störend angesehen hat, weil sich eine Störung dabei auch aus der Beeinträchtigung des im Übrigen vollständig professionellen Charakters des Gebäudes ergeben hat. Wenn also eine nicht zu Wohnzwecken genutzte Einheit zu Wohnzwecken umgenutzt werde, müsse immer der Einzelfall betrachtet werden. Faktoren wie Änderung der Kostenbelastung der übrigen Einheiten seien dann wie allg. störende Faktoren einzustellen – also jeweils eine Entscheidung im Einzelfall.

Praxishinweise:

Wer Sondereigentum in einer WEG erwirbt, sollte sich vorher gut erkundigen, was er in dem Objekt darf und was nicht. Ausgangspunkt ist immer die Teilungserklärung, deren Regelungen auszulegen sind. Im Einzelfall können sich, wie der BGH in dieser Entscheidung aufzeigt, Spielräume öffnen. Man sollte aber beim Kauf sehr vorsichtig sein und die Nutzungsmöglichkeiten, die nach WEG zulässig sind, genau erkunden.

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