In Kooperation mit der Kunstsammlung der Georg-August-Universität Göttingen spannt das Landesmuseum Hannover mit rund 80 Kunstwerken auf Papier einen Bogen von Goltzius‘ verlegerischem Erstlingswerk bis zu seinen druckgrafisch ausgereiften Arbeiten, die er unter dem Eindruck einer Italienreise schuf. Die Ausstellung lädt dazu ein, in die detailreiche und sich immer wieder wandelnde Welt dieses außergewöhnlichen Künstlers einzutauchen.
Mit erstaunlicher Innovationskraft rückt Goltzius die Welt der antiken Mythologie wie auch die des Christentums immer wieder neu ins Bild. Den Kupferstich verstand er nicht nur als ein Medium der Vervielfältigung, sondern als eigenständige Kunstform, die ein hohes technisches Können, handwerkliche Fertigkeit und einen scharfsinnigen Verstand verlangte. Dies spiegelt sich auch in der Fähigkeit wider, kunsttheoretische Inhalte und Fragen zum künstlerischen Selbstverständnis in seinen eigenen Werken zu reflektieren.
Die Welt der römischen Antike besaß im 16. Jahrhundert noch moralische Vorbildfunktion. Goltzius‘ Mythologien, seine Götter und Helden folgen diesem Verständnis und sind zugleich immer auch willkommener Anlass zur virtuosen Darstellung des männlichen Körpers in den unterschiedlichen Stellungen und Ansichten.
Die religiöse Druckgrafik des Haarlemer Künstlers entsteht vor dem Hintergrund konfliktreicher Auseinandersetzungen zwischen den protestantischen nördlichen Niederlanden und den katholischen südlichen Provinzen. Als Verleger und Kupferstecher handelte Goltzius in dieser Situation unternehmerisch überaus geschickt: Indem er sowohl protestantische als auch katholische Glaubensgruppen bediente, konnte er seine Produkte in ganz Europa vertreiben. Die sechsteilige Kupferstichfolge der »Meisterstiche« gilt dabei als unbestrittenes Hauptwerk. Jedes Blatt ist im Stil eines anderen berühmten Künstlers gearbeitet, wobei es Goltzius gelingt, die jeweils herausragenden Qualitäten der Vorbilder weiter zu akzentuieren
Ein besonderer Schwerpunkt in der Ausstellung gilt Goltzius´ Auseinandersetzungen mit den Metamorphosen des römischen Dichters Ovid (43 v. Chr.–17 n. Chr.). Goltzius machte es sich zur Aufgabe, die gesamten Metamorphosen in einer grafischen Serie zu publizieren, um so der antiken Dichtung ein bildliches Pendant gegenüberzustellen. Dazu schöpfte er eine bisher unbekannte Fülle von Darstellungen aus dem antiken Text und unterstrich die Ebenbürtigkeit von Dichtung und Bildender Kunst.
Zitate
»Bereits in der Ausstellung ›Nach Italien‹ haben wir Reisen in den Süden thematisiert, die nicht nur vermögende Touristen, sondern auch Künstler wie der Niederländer Hendrick Goltzius unternommen haben. Um 1600 dauerte eine solche Reise anders als heute mehrere Wochen, was ihre Bedeutung unterstreicht. Vielfach finden sich Nachwirkungen des Erlebnisses in Goltzius´ Grafiken wieder. Indem nun erstmals Werke aus Göttingen und Hannover gemeinsam präsentiert werden, zeigen sie, wie fruchtbar eine solche Kooperation ist.«, so Prof. Dr. Katja Lembke, Direktorin Landesmuseum Hannover
»Hendrick Goltzius ist ein Ausnahmekünstler des 16. Jahrhunderts und seine Werke beweisen, was eine künstlerisch geschulte Hand zu leisten imstande ist. Faszinierend ist seine virtuose Technik, mit wenigen Linien Welten vor Augen zu stellen. Nicht die Nachahmung der Natur, sondern deren Überbietung ist sein Thema. Diese Künstlichkeit gewährt Augenlust im höchsten Sinne«, so Prof. Dr. Michael Thimann, Lehrstuhl für Kunstgeschichte Georg-August-Universität Göttingen
»Wer einen Kupferstich von Hendrick Goltzius schon einmal in Händen gehalten hat, kann sich seiner Bildwelt nicht mehr entziehen. Ganz gleich, ob er sich mit der antiken Mythologie, mit den Planeten am Himmel, mit christlichen Themen oder abstrakten Denkbildern befasst, Goltzius‘ Kunstwerke haben immer Schwung, sie sind voll Witz und extrem anregend.«, so Dr. Antje-Fee Köllermann, Kuratorin Alte Meister Landesmuseum Hannover
»Die Ausstellung vereint Blätter der Universitätskunstsammlung Göttingen mit Beständen aus dem Kupferstichkabinett des Landesmuseums Hannover. Das studentische Team konnte sowohl in der theoretischen Auseinandersetzung mit Goltzius‘ Werk als auch in der Ausstellungskonzeption aus dem Vollen schöpfen. Das war natürlich eine anspruchsvolle Aufgabe, bot aber auch reichlich Raum für Ideen. Einblicke in die Museumspraxis sind für uns als angehende Kunsthistoriker*innen ausgesprochen wertvoll.«, so Antonia Reinhardt, Studierende Georg-August-Universität Göttingen
Informationen zur Ausstellung
Begleitend zum Ausstellungsbesuch bietet der MediaGuide Audiobeiträge, die von Studierenden der Georg-August-Universität Göttingen eingesprochen wurden. Sie vertiefen erzählerisch acht Motive der Metamorphosen. Der MediaGuide ist über das eigene mobile Endgerät zu nutzen und über die Website des Museums abrufbar.
Der Besuch der Ausstellung ist im regulären Museumseintritt inbegriffen.
Begleitprogramm (Auszug)
Hendrick Goltzius
Führung
jeden Sonntag | 11:00–12:00
Die Führung stellt das druckgrafische Werk des Manieristen und Allroundgenies Hendrick Goltzius vor – eine Reise in die antike Mythologie und zu christlichen Bilderwelten.
Museumseintritt + 2,50 €
Druckgrafische Techniken bei Goltzius
Kurator*innenführung
Do, 13.11.2025 | 18:00–19:00
Der Grafikkenner und Kunstfreund Peter Behrens und Dr. Antje-Fee Köllermann blicken gemeinsam auf die Kupferstiche und Holzschnitte des Manieristen Hendrick Goltzius. Wie sind diese Kunstwerke auf Papier gemacht, worin besteht ihr Reiz – und wie erkennt man einen »echten« Goltzius?
Museumseintritt
Gekonnt schraffiert
Workshop
Sa, 22.11.2025 | 14:00–17:00
Der Workshop vermittelt verschiedene Arten des Schraffierens mit der Tintenfeder: Erst durch den Einsatz von Schraffuren erscheinen gezeichneten Körper und Räume plastisch. Ausgangspunkt bilden die Druckgrafiken von Hendrick Goltzius.
Museumseintritt + 2,50 €
Verwandlung der Welt
Führung
Sa, 22.11.2025 + Fr, 12.12.2025 | 14:00–17:00
Helden, Göttinnen und Himmelsstürmer bevölkern die Grafiken von Hendrick Goltzius – aber nicht nur. Mariia Denisova und Michael Sinapius aus dem studentischen Projektteam der Ausstellung führen die Gäste in die sagenhaften Welten der »Metamorphosen« ein.
Museumseintritt + 2,50 €
Niedersächsisches Landesmuseum Hannover
Willy-Brandt-Allee 5
30169 Hannover
Telefon: +49 (511) 9807-686
Telefax: +49 (511) 9807-684
http://www.landesmuseum-hannover.de
Leitung Kommunikation + Kulturvermittlung
Telefon: +49 (511) 9807-626
Fax: +49 (511) 980799-626
E-Mail: dennis.wildenradt@landesmuseum-hannover.de
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