Die Industrie braucht wettbewerbsfähige Energiepreise

„Wenn Industriestrompreise von 120 bis 140 Euro die Megawattstunde das ‚new normal‘ wird, ist eine schleichende Deindustrialisierung unausweichlich. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit mit Standorten mit deutlich niedrigeren Energiekosten wird zu weiteren Verlagerungen führen“, so Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des VIK.

In den Ankündigungen der letzten Tage wird deutlich, wie ernst die Lage für die energieintensive Industrie in Deutschland ist: Die Produktion an heimischen Standorten in Europa wird reduziert, Investitionen in neue Anlagen finden in Nordamerika oder in Asien statt.

„Wenn Industriestrompreise von 120 bis 140 Euro die Megawattstunde das ‚new normal‘ wird, ist eine schleichende Deindustrialisierung unausweichlich. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit mit Standorten mit deutlich niedrigeren Energiekosten wird zu weiteren Verlagerungen führen“, so Christian Seyfert, Hauptgeschäftsführer des VIK.

Angesichts der hohen Energiepreise, insbesondere beim Strom, werden die Bedingungen für eine konkurrenzfähige heimische Produktion immer schwieriger. Bis zum geplanten „grünen“ Industriestrompreis sollen noch mindestens sechs Jahre verstreichen – sechs Jahre, in denen die Produktionskosten vieler deutscher Güter den möglichen Erlös im internationalen Wettbewerb übersteigen werden. Das ist viel zu lange.

Der VIK begrüßt in dieser Debatte ausdrücklich, dass im Bundeswirtschafts- und Klimaministerium über ein nationales und europäisches Interimsmodell nachgedacht wird. Unklar ist aber immer noch, wie dieses aussehen soll und wann zumindest die Vorschläge veröffentlicht werden sollen. 

Zwar sind die Energiepreise zuletzt wieder gesunken, sie verharren aber im internationalen Vergleich und im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Vor dem Jahr 2019 lag der Strompreis noch im Bereich von 20 bis 50 Euro je Megawattstunde, heute sehen sich die Unternehmen immer noch mit Preisen von 120 bis 140 Euro konfrontiert. „Die Gewinnmargen werden niedriger, die Eigenkapitalquoten der Unternehmen sinken und die Abschreibungen werden in Zukunft die Investitionen übersteigen“, warnt Seyfert. Es wird noch in Instandhaltung und Erhalt investiert, jedoch immer weniger darüber hinaus. Ohne diese notwendigen Neuinvestitionen werden ebenfalls Aufwendungen in die industrielle Transformation und in klimafreundlichere Technologien ausbleiben. Hier drängt die Zeit für eine Lösung, denn wenn langfristige Stromlieferverträge 2025 auslaufen und die derzeit marktüblichen Strompreise bezahlt werden müssen, ist die Grundstoffproduktion oft schlichtweg nicht mehr profitabel.

In den letzten Wochen gab es bereits erste prominente Fallbeispiele für diese Entwicklung aus der Chemie- und Metallbranche und dem Automobilbau, über die umfangreich berichtet wurde. Produktionskürzungen, Produktionsstopp, Personalabbau, neue Investitionen in anderen Weltregionen mit attraktiveren Standortbedingungen – so erodiert der Industriestandort Deutschland. Problematisch ist die Lage vor allem für energieintensive Grundstoffindustrien und exportorientierte Unternehmen. Global angebotene Produkte konkurrieren mit denen aus China, den USA und anderen Regionen, die angesichts deutlich niedrigerer Energiepreise und anderer Standortvorteile erhebliche Wettbewerbsvorteile besitzen. Viele dieser Produkte werden zudem auch bei der Energiewende und der industriellen Transformation zur Klimaneutralität in Deutschland eigentlich dringend gebraucht.

Das hohe Niveau der Strompreise macht außerdem die Ansiedlung neuer Industrien unwahrscheinlicher, sowohl im internationalen, aber auch im europäischen Vergleich. „Mit diesen Strompreisen lassen sich keine essenziellen Teile der Wertschöpfungsketten zurückholen oder Batteriezellen- sowie Fotovoltaik-Modulproduzenten anlocken. Es ist derzeit schlichtweg unrentabel, in Deutschland zu investieren. Wenn die industrielle Transformation zur Klimaneutralität wegen der zu hohen Energiepreise nicht in Deutschland stattfindet, sondern anderswo, ist damit für unseren Standort nichts gewonnen“, so Christian Seyfert.

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