Zinskommentar

Seit den Anfängen der Energiekrise und der in dem Zusammenhang entstandenen hohen Inflation geht die Angst einer Lohn-Preis-Spirale um, welche die Preisdynamik nur noch weiter verschärfen könnte. Jüngste Daten deuten jedoch auf eine Entspannung des Lohnwachstums hin und mindern damit die Gefahr einer beunruhigenden Wechselwirkung zwischen der Preis- und Lohnentwicklung. Erfahren Sie in der heutigen Ausgabe des Zinskommentars, was es mit der Lohn-Preis-Spirale auf sich hat und warum es nur noch wenige Gründe gibt sich vor dieser zu fürchten.

Lohn-Preis-Spirale scheint gebrochen

Zunächst zu der Frage, was es mit der Lohn-Preis-Spirale überhaupt auf sich hat und warum sie von Zentralbankern gefürchtet wird. Steigt die Inflation in einer Volkwirtschaft derart stark, dass sich Arbeitnehmer spürbar in ihrem bisherigen Lebensstil einschränken müssen, wird die Forderung nach höheren Löhnen lauter. Die Arbeitgeber haben in der Regel ein Interesse die Arbeitnehmer zu halten und in Verhandlung zu treten, da ansonsten die Produkte oder Dienstleistungen gar nicht angeboten werden können, sollten die Arbeitnehmer streiken oder kündigen. Zwar einigen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Regel, jedoch auf Kosten der Konsumenten, die mit einer Verteuerung der Produkte und Dienstleistungen rechnen können, was wiederum die Inflation weiter anheizt und Arbeitgeber erneut veranlassen könnte höhere Löhne zu fordern. Die Lohn-Preis-Spirale nimmt also ihren Lauf und gefährdet die Preisstabilität einer Volkswirtschaft, was das höchste Ziel der Zentralbanken darstellt. Wie lässt sich das Konzept der Lohn-Preis-Spirale auf die heutige wirtschaftliche Situation anwenden?

Die aufgrund des Ukrainekrieges ausgelöste Energiekrise hat zu einem sichtbaren Anstieg der Inflation in ganz Europa geführt. Zum Ende des Jahres erreichten die Preise in Deutschland eine jährliche Steigerung von fast 12 Prozent (Vgl. Abbildung 1). In der Eurozone waren es über 10 Prozent. Das sind Rekordwerte nach einem Jahrzehnt von stagnierenden Preisen. Es überrascht also nicht, dass viele Arbeitnehmer die höheren Lebensunterhaltungskosten spürten und höhere Löhne forderten. Den Arbeitgebern blieb häufig nichts anderes übrig, als den Lohnforderungen nachzugehen. Insbesondere auch, weil der deutsche Arbeitsmarkt trotz aller Umstände mit einer Arbeitslosenquote von zuletzt 5,4 Prozent in äußerst guter Verfassung war. Die Löhne stiegen also parallel zu der Inflation, wenn auch nicht in dem selben Umfang (Vgl. Abbildung 1). Damit erlebten Deutschland und andere Eurozonenländer zumindest eine Runde einer Lohn-Preis-Spirale. Doch werden wir auch eine zweite erleben?

Danach sieht es derzeit nicht aus, denn die Preise scheinen ihren Höhepunkt im Oktober erreicht zu haben, was den Arbeitnehmern die Argumentationsbasis für weitere Forderungen nach Lohnerhöhungen nimmt (Vgl. Abbildung 1). Das Lohnwachstum scheint bereits abzunehmen und wird sich weiter abschwächen, sollte die Inflation weiter fallen. Damit wäre die Lohn-Preis-Spirale gebrochen. Die Europäische Zentralbank wird die geldpolitische Straffung fortsetzen und somit zumindest auf Nachfrageseite einen Effekt erzielen, was den Inflationsdruck weiter senken sollte. Letztlich bleibt eine sich verschärfende Lohn-Preis-Spirale unwahrscheinlich.

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