Mit Unternehmenssteuerreformen zu mehr Wettbewerbs-fähigkeit nach der Krise

Dass kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) das Rückgrat der Wirtschaft und des Wohlstands in Deutschland sind, ist zweifelsohne bekannt. Allerdings haben die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Corona-Pandemie gerade diese Unternehmen und die Soloselbständigen am härtesten getroffen. Klar ist, ohne einen stabilen Mittelstand kann der wirtschaftliche Wiederaufschwung und die Transformation durch Digitalisierung und die Eindämmung des Klimawandels nicht gelingen und der Wirtschaftsstandort Deutschland nicht nachhaltig krisenfest gemacht werden. Denn der Mittelstand ist regional verankert und beschäftigt nicht nur 71 Prozent der Erwerbstätigen, sondern sorgt auch für den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs – 90 Prozent der Ausbildungen finden in KMU statt. Deshalb muss eine zukunftsorientierte Steuerpolitik auf Wirtschaftswachstum und Innovationsimpulse setzen, um die mittelständische Wirtschaft zu unterstützen.

Mit Blick auf die pandemiebedingte hohe Staatsverschuldung ist es umso wichtiger, dass der Mittelstand mit zielgerichteten Impulsen und attraktiven Investitionsbedingungen gefördert wird. Denn nur mit Wirtschaftswachstum aus dem Mittelstand heraus kann die hohe Verschuldungsquote zurückgeführt werden. Um neues Wachstum zu erzeugen, müssen Unternehmen weiter investieren und Innovationen vorantreiben können. Doch dafür braucht es eine Stärkung der Liquidität von Unternehmen, wobei bessere steuerpolitische Rahmenbedingungen eine wichtige Stellschraube sind.

Gleichzeitig ist die Steuer- und Abgabenpolitik auch eine zentrale Stellschraube, um die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern zu erreichen und weibliches Unternehmertum zu stärken. Der Gesetzgeber muss insbesondere im steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Bereich Maßnahmen ergreifen, die die Erwerbsarbeit von Frauen erleichtern und es attraktiver machen, den Erwerbsumfang auszuweiten. Dafür müssen Fehlanreize im geltenden Steuerrecht und bei den Sozialversicherungen abgeschafft werden.

1. STEUERPOLITIK IST STANDORTPOLITIK

Frankreich, Belgien und Großbritannien haben es auf der Agenda, und viele weitere Staaten auch: Sie machen ihre Länder als Wirtschaftsstandorte attraktiv, indem sie ihre Unternehmenssteuern senken. Fehlanzeige dagegen im Hochsteuerland Deutschland beim Bemühen um bessere Bedingungen für Unternehmen. Die Unternehmerinnen des VdU fordern:

Endlich eine umfassende Unternehmenssteuerreform

Während die steuerliche Gesamtbelastung in Deutschland bei über 30 Prozent liegt, lag der Durchschnitt der OECD-Länder hingegen bei lediglich 23,5 Prozent. Die hohe Steuerbelastung für Unternehmen macht Deutschland im internationalen Standortwettbewerb unattraktiv und gefährdet dadurch wichtige Investitionen und das hohe Beschäftigungsniveau. Insbesondere der Mittelstand ist durch hohe steuerliche Abgaben und bürokratische Auflagen überproportional belastet. Zunehmende Diskussionen über Steuererhöhungen und die Refinanzierung der pandemiebedingten Mehrausgaben durch eine Vermögenssteuer sind daher unverantwortlich. Die deutschen Unternehmerinnen halten eine umfassende Unternehmenssteuerreform für überfällig. Sie fordern, die unternehmenssteuerliche Belastung der Kapitalgesellschaften auf nicht ausgeschüttete Gewinne auf 25 Prozent und der Personalgesellschaften für alle nicht entnommenen Gewinne auf 22 Prozent zu begrenzen. Neben einer deutlichen Senkung des Körperschaftssteuersatzes sind dabei auch die Einkommenssteuer und insbesondere die Gewerbesteuer in den Blick zu nehmen.

Eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist spätestens mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie notwendig, um Unternehmen zu entlasten. So können Investitionsspielräume für Unternehmen geschaffen und ihre Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden.

2. STEUERPOLITIK ZUR LIQUIDITÄTSSICHERUNG

Die Sicherung der Liquidität ist das A und O für das Überleben eines Unternehmens. Sind keine finanziellen Mittel mehr vorhanden, um ausstehende Verbindlichkeiten zu begleichen, droht ihrem Unternehmen die Zahlungsunfähigkeit. Viele frauengeführte KMU und soloselbständige Frauen haben seit Beginn der Pandemie auf eigene Rücklagen zurückgegriffen, um Liquiditätsengpässe zu stemmen. Diese sind nun weitestgehend aufgebraucht. Liquiditätsfördernde Maßnahmen müssen ein zentraler Bestandteil eines Konjunkturprogramms für einen Neustart aus der Krise sein.

Keine Substanzbesteuerung wie z. B. Vermögenssteuer oder -abgabe

Für den deutschen Mittelstand ist charakteristisch, dass ein Großteil des Vermögens in den Betrieben gebunden ist. In vielen Unternehmen insbesondere in Personengesellschaften und bei Soloselbständigen ist eine klare Unterscheidung zwischen dem Privatvermögen der Eigentümer*innen und dem Firmenvermögen kaum möglich. Häufig ist das Privatvermögen der Gesellschafter*innen die Reserve des Unternehmens. Insbesondere frauengeführte Unternehmen haben in der Pandemie zunächst die eigenen privaten Rücklagen genutzt, bevor sie staatliche Wirtschaftshilfen beantragt haben. Aber auch in Nichtkrisenzeiten setzen Unternehmer*innen ihr privates Vermögen ein, wenn notwendige große Investitionen anstehen und die Liquidität des Unternehmens dafür nicht ausreicht.

Eine Vermögenssteuer oder eine Vermögensabgabe wäre neben der Gewerbekapitalsteuer und der Grundsteuer eine weitere Substanzbesteuerung und würde vor allem die Unternehmer*innen des Mittelstands sowie ihre Betriebe treffen. Folglich ginge dies unmittelbar zulasten von Innovation und Investitionen und damit auf Kosten von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Arbeitsplätzen. Dies würde die Krise weiter verschärfen und staatlichen Konjunkturmaßnahmen für neue wirtschaftliche Impulse zuwiderlaufen. Auch in Sachen Standortpolitik würde eine Vermögenssteuer Deutschland zurückwerfen und Investitionsentscheidungen zum Nachteil für Deutschland beeinflussen. Nicht zuletzt stünden der bürokratische und finanzielle Aufwand für die Erhebung in keinem Verhältnis zu den Einnahmen durch eine Vermögenssteuer oder -abgabe. Die Unternehmerinnen des VdU halten Überlegungen zu und Forderungen nach einer Refinanzierung der Corona-Pandemie durch eine Vermögenssteuer oder einer Vermögensabgabe für verfehlt.

Keine Begrenzung der Verlustverrechnung in den Corona-Jahren

Viele kleine und mittelständische Unternehmen, die in den vergangenen Jahren solide und nachhaltig gewirtschaftet haben, stehen erheblichen Umsatzeinbrüchen und Verlusten infolge der Corona-Pandemie gegenüber. Seit über einem Jahr manövrieren Unternehmer*innen mittels massiven Einsatzes ihres Eigenkapitals und ihrer Rücklagen ihre Betriebe durch die Krise. Diese Liquidität ist jedoch mittlerweile aufgebraucht, sodass dringend eine Ausweitung der steuerlichen Verlustverrechnung geschaffen werden muss, um die Liquidität der Unternehmen wieder zu stärken. Daher sind sowohl eine Erweiterung des Verlustrücktrags auf mindestens zwei Jahre und ein, zumindest befristeter, unbegrenzter Verlustvortrag in die nächsten Jahre notwendig. Diese Maßnahmen können unmittelbar Liquidität und damit auch Investitionen ermöglichen.

Abschaffung der Umsatzbesteuerung auf Sachspenden

Millionen tadellose Konsumgüter werden jedes Jahr in Deutschland vernichtet, nachdem sie bei einer Retoure nicht wieder verwendet werden, falsch etikettiert, überproduziert oder aus dem Sortiment genommen wurden. Bisher war es für Unternehmen aus betriebswirtschaftlicher Sicht günstiger, diese zu vernichten als an gemeinnützige Organisationen zu spenden. Denn Sachspenden an gemeinnützige Organisationen unterliegen denselben Umsatzsteuern wie der Verkauf der Waren, sodass die Vernichtung neuwertiger Waren für Unternehmen meist kostengünstiger ist als deren umsatzsteuerpflichtige Spende. Zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Beschränkungen – wie volle Lager des Textileinzelhandels – hat die Bundesregierung die Befreiung von Sachspenden von der Umsatzsteuer ermöglicht. Die Unternehmerinnen des VdU fordern diese Regelung dauerhaft beizubehalten, um die Spendenbereitschaft zu erhöhen und die unnötige Vernichtung von Ware zu verhindern.

Lohnsummenregelung bei der Verschonung der Erbschafts-/Schenkungssteuer aussetzen

Mittelständische Unternehmen sind vielfach familien- oder gesellschaftergeführt und befinden sich auch in der aktuellen Krisensituation im Prozess der Unternehmensnachfolge. In den kommenden fünf Jahren werden laut Bundeswirtschaftsministerium rund 500.000 Unternehmer*innen ihr Unternehmen an Nachfolger*innen übergeben. Eine geregelte Unternehmensnachfolge ist die Basis für Investitionen, Wachstum sowie Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze, die wir gerade nach der Corona-Pandemie dringend brauchen. Sie ist aber auch ein langwieriger Veränderungsprozess, der mit Investitionen verbunden ist. Daher sollte die Erbschafts- und Schenkungssteuer an die aktuelle Situation angepasst werden: Aufgrund von Umsatzeinbrüchen durch die Corona-Pandemie kann es bei Unternehmen zum Rückgang von Lohnsummen kommen. Um die Unternehmen am Leben zu halten, muss daher das Erbschafts- oder Schenkungsrecht eine befristete Aussetzung der Lohnsummenregelung in der Krise ermöglichen.

Anpassung der steuerlichen Zinsberechnung an die Realität

Trotz des andauernden Niedrigzinsumfelds verharren die steuerlichen Zinssätze auf einem überhöhten und marktfernen Niveau. Werden Unternehmen mit Steuernachforderungen konfrontiert, so ist die Zinsbelastung erheblich. Im Ergebnis führt dies zu einer Belastung für die Unternehmen, die weder realitätsgerecht noch zumutbar ist. Vor diesem Hintergrund muss der gesetzliche Zinssatz an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst und entsprechend abgesenkt werden.

3. STEUERPOLITIK ALS INVESTITIONSANREIZ

Investitionsanreize für kleine- und mittelständische Unternehmen sind wichtig, um Innovationen zu fördern und nachhaltig Arbeitsplätze zu sichern. Nur so kann perspektivisch der Wirtschaftsmotor wieder anlaufen und Wachstumsimpulse geschaffen werden. Investitionsanreize können über folgende Maßnahmen gesetzt werden:

Verbesserung der AFA-Möglichkeiten und Erhöhung der GWG-Grenze

Die verbesserten Möglichkeiten zur degressiven Abschreibung für Abnutzung materieller Wirtschaftsgüter sowie die erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter sind wichtige Impulsgeber für Investitionen. Richtig wäre es zudem, endlich auch die Abschreibungsgrenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) auf 1.000 Euro anzuheben. Der VdU fordert zudem, die im Zuge der Corona-Maßnahmen verbesserten degressiven Abschreibungsmöglichkeiten nicht nur auf 2020 und 2021 zu begrenzen, sondern sie dauerhaft einzuführen. Sie sind wichtige Anreize für Investitionen und entlasten die Unternehmen.

Digitalisierung der Finanzverwaltung

Auch hinsichtlich der Digitalisierung der Finanzverwaltung besteht noch erheblicher Nachholbedarf. Um Unternehmensgründungen zu fördern, müssen die Antragsformalitäten endlich zeitnah digitalisiert werden. Die Verwaltung muss Schritt halten mit dem Fortschritt der Digitalisierung der Wirtschaft.

Forschungs- und Innovationsförderung

Zur Stabilisierung kleiner und mittelständischer Unternehmen und zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland würde auch eine Ausdehnung der Forschungsförderung auf die angewandte Forschung und Entwicklung beitragen. Diese Investitionsanreize sollten ein Impulsgeber für KMU sein, um vor allem in dringend benötigte Zukunftstechnologien, aber auch in die steigenden Anforderungen durch die Digitalisierung und die Bekämpfung des Klimawandels und somit konkret in die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu investieren.

 

Über Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU)

Im Verband deutscher Unternehmerinnen e. V. (VdU) sind rund 1.800 Unternehmerinnen organisiert. Die Unternehmerinnen erwirtschaften zusammen einen Jahresumsatz von 85 Milliarden EUR und beschäftigen über 500.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland. Seit 65 Jahren setzt der VdU sich erfolgreich dafür ein, dass die Stimme der Unternehmerinnen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angemessen Gehör findet.

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