Timo Hinze – Arbeit

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Vom 12.9. bis zum 4.10. 2020 zeigen wir unter dem Titel Arbeit die erste Einzelausstellung von Timo Hinze in der Galerie b2_.

Timo Hinze studierte Grafik-Design und Fotografie an der Hochschule für Grafik für Buchkunst in Leipzig und absolvierte 2017 als Meisterschüler von Prof. Peter Piller. Nach Ausstellungen im KV Leipzig, in der GfZK Leipzig und in Kooperation mit dem Hamburger Bahnhof Berlin, ist er seit 2019 Teil der Galerie b2_.

„Durch Glaswände kann man die Sterne und den Regen sehen“
Gilles Ivain 1953

CREATE – wenig kunstvoll auf eine Rampe gesprüht, daneben das professionellere Stencil eines einzelnen Inlineskaters, auf der anderen Seite Lautsprecher und ein Mülleimer, in dessen Schutz Löwenzahn und Gräser wachsen, sich Laub ansammelt. Im Vordergrund ist ein Gullydeckel per Stencil aufgetragen und auf einer vom linken Bildrand angeschnittenen Wand wurde dekorativ plakatiert. Auf der Rampe liegt eine Kamera, die motivisch eine Werbung im Hintergrund aufgreift, aber auch die Perspektive aus dem Foto heraus auf mich lenkt und damit die Aufforderung CREATE dringlicher macht. Über der Rampe eine moderne Sicherheitstür, und glatte Oberflächen, die eine neue Architektur suggerieren.
Es ist eine Ecke im Stadtraum, die Timo Hinze motivisch seiner Ausstellung ARBEIT voranstellt, und es ist seine künstlerische Arbeit, die er hier inszeniert. Seit seinem Studium an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst fotografiert Timo Hinze die städtische Oberfläche. Bauzäune und Werbeflächen, Fassaden und klandestin gesprühte Kommentare beobachtet und dokumentiert er gleichermaßen. Man hat den Eindruck, es geht ihm um das Festhalten zufällig wirkender Szenen, intendierter und nicht intendierter Settings, die aufschlussreich von der täglichen Prägung und Programmierung im Stadtraum erzählen.
Für die Videoarbeit „Post it“ beispielsweise suchte Timo Hinze Bilder und kurze Nachrichten, die ganz analog mit Post-its von innen an die Fensterscheiben von Bürohäusern geklebt werden. Aus der Perspektive des Fußgängers filmt er die Rastergrafiken an den Fensterreihen der oberen Etagen, verfolgt mitunter auch Kommunikationen gegenüberliegender Hausfronten. Auf den ersten Blick wirkt diese vernakuläre Kreativität amüsant, stiftet zum Mitmachen und Kommentieren an. Zugleich irritiert die räumliche Distanz und Perspektive, aus der Timo Hinze seine Motive aufnimmt. Denn es fällt gar nicht leicht, die Zeichen zu verstehen, von Beantworten ganz zu schweigen. Als Display genutzt werden die Fenster einseitig zum Medium, um Signale in die Außenwelt zu schicken. Deutlich werden hier aber auch die Einschränkungen der Kommunikation, die von der räumlichen und zeitlichen Organisation des Arbeitstags hinter hermetischen Glasfassaden gemacht werden.

Nicht nur der Alltag in den modernen Bürowelten interessiert Timo Hinze. Er folgt auch den Spuren der Gartenarbeit seiner Eltern oder den zufälligen Begegnungen verschiedener Dinge auf dem Ess- und Arbeitstisch in seiner Wohnung. Es sind banale Settings, die nichtsdestotrotz über einen geheimnisvollen Informationswert zu verfügen scheinen. Als würde man mit archäologischem Interesse auf die Spuren des Alltags blicken, und aus den Resten, aus der Platzierung der Dinge, die Welt rekonstruieren.

Einen Gegenpol zu den Medien Fotografie und Video bilden kleine Tonfiguren, bei denen Timo Hinze einen handwerklichen Kreationsprozess realisiert, der eine lange Tradition hat. Dem pathetischen Schöpfungsgestus, Figuren aus Erde zu formen, weicht er aber aus, indem seine Geschöpfe wenig grazil und wenig produktiv mit dem Liegen beschäftigt sind. Das allerdings deklinieren sie in all seinen Facetten durch: Sie schlafen oder faulenzen, sie ruhen sich aus, sind krank oder ausgebrannt, und sie heben sich deutlich gegen den städtischen Aktionismus ab, den Timo Hinze in seinen Fotoserien thematisiert. Aber Arbeit macht es schließlich auch, sich aufzurichten, aus der Horizontalen in die Vertikale zu kommen. Und mit dieser Bewegung werden die Tonfiguren zu Sinnbildern eines Neubeginns, der letztlich zu den städtischen Streifzügen führt.

Matilda Felix
Kuratorin, Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin

Paraell zur Ausstellung eröffnet auch die Online-Version der Arbeit "Die Kollegen" (2017) von Timo Hinze: https://www.diekollegen.cloud

Am 19.9. wird die Galerie länger geöffnet sein.

Am 26.9. findet um 16:00 ein Künstlergespräch mit Führung von Timo Hinze statt.

Aufgrund der aktuellen Bestimmungen können sich nicht mehr als acht Besucher*Innen gleichzeitig im Ausstellungsraum aufhalten. Bitte bringt für den Besuch eine Alltagsmaske mit. Im Einzelfall können wir Masken auch zur Verfügung stellen. Besuche können gerne per E-Mail (b2@galerie-b2.de) vereinbart werden. Für alle, die im Moment von einem Besuch in der Galerie absehen müssen oder wollen, stellen wir gerne eine umfangreiche Dokumentation der Ausstellung bereit.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Galerie b2
Spinnereistrasse 7
04179 Leipzig
Telefon: +49 (152) 02051215
http://www.galerie-b2.de

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