Appell an neue Bundesregierung – Bildungschancen verbessern und Kinder- und Jugendarmut endlich entschieden bekämpfen

 „Die neue Bundesregierung muss Armut junger Menschen stärker bekämpfen, gerade jetzt in und nach der Coronapandemie. Der Sechste Armuts- und Reichtumsbericht zeigt klar: Eine Bildungsoffensive, gerade für benachteiligte junge Menschen, gehört in die Koalitionsverhandlungen“, fordert Caritas-Präsident Peter Neher anlässlich der am 17. Oktober startenden Armutswochen.

Vom 17.10.2021, dem Internationalen Tag zur Beseitigung der Armut bis zum 14.11.2021, dem Welttag der Armen, ruft der Deutsche Caritasverband gemeinsam mit seinen Fachverbänden Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) Bundesverband auf, den Blick auf die Situation von (benachteiligten) jungen Menschen in und nach der Pandemie zu richten.

Jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene sind armutsgefährdet

Die Zahlen zeigen deutlich die Not: Jedes fünfte Kind und jeder vierte junge Erwachsene sind armutsgefährdet. Mehr als 45.000 Jugendliche haben im Jahr 2020 die Schule ohne Hauptschulabschluss verlassen. Und für Jugendliche aus bildungsfernen Elternhäusern ist es, laut Shell Jugend-Studie, nur halb so wahrscheinlich, das Abitur zu erreichen (39 Prozent) wie für Jugendliche aus bildungsnahen Elternhäusern (81 Prozent). „Der Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen muss endlich aufgebrochen werden“, so Präsident Neher.

Schwierig ist der Übergang von Schule und Beruf

„Für viele der betroffenen jungen Menschen ist es schwierig bis unmöglich der Armut zu entkommen. Oft verfestigt sie sich ein Leben lang. In der Coronapandemie hat sich die Situation zugespitzt“, unterstreicht Neher. Daten aus einer IAB-Studie zeigen, dass in diesem Jahr jeder 10. Betrieb angekündigt hat, sein Lehrstellenangebot zu kürzen. Es gelte, Kettenreaktionen zu vermeiden: Ein schlechter oder kein Schulabschluss, wenige niedrigschwellige Angebote zur Berufsorientierung, kein Zugang zu passenden Ausbildungsplätzen und fehlende berufliche Perspektiven. Die Folge ist zu häufig ein Leben in Abhängigkeit von staatlichen Leistungen. Dagegen braucht es ein Ausbildungsangebot für jene jungen Menschen, die sich für diese Option entscheiden (hier ein Interview dazu).

Neue Regierung muss Pflöcke für eine Bildungsoffensive einschlagen

„Diese Lebensläufe können einen anderen Weg nehmen, wenn die neue Bundesregierung beherzt Pflöcke für bildungs- und sozialpolitische Maßnahmen einschlägt“, so Neher. Frühe Förderung, Schulsozialarbeit, Berufsorientierung und die Elternarbeit müsse man entschieden stärken und mit zusätzlichen niederschwelligen Angeboten unterstützen. „Für die Kinder und Jugendlichen, die eine außerschulische Lernförderung brauchen, muss diese aus dem Bildungs- und Teilhabepaket viel großzügiger gewährleistet werden. Und die Leistungen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe müssen von Anfang an auch jungen Menschen im Asylverfahren offenstehen“, fordert Neher.

DigitalPakt Schule hilft nicht allen Jugendlichen

Alle Kinder und Jugendlichen sollten einen Zugang zu digitalen Geräten und technischem Support haben. Aber die Unterstützung über den DigitalPakt Schule kommt längst nicht bei allen an. Ein DigitalPakt für die Kinder- und Jugendhilfe und ein Bundesprogramm „Digitalisierung in der Jugendsozialarbeit“ können Lösungen sein. „In der Pandemie haben unsere Träger glücklicherweise einige Laptops auf Spendenbasis erhalten, aber nicht für alle Jugendlichen. Für das technische Know-How müssen wir selbst sorgen. Wenn in der Jugendhilfe die Teilhabe der Kinder und Jugendlichen möglich sein soll, muss dies finanziert werden. Dafür müssen aber die Kommunen entsprechend finanziell ausgestattet werden. Auch hier bremst das Denken nur an die Kosten, statt in die Zukunft der jungen Menschen zu investieren“, sagt Joachim Nunner, Geschäftsführer des Jugendwerk Birkeneck, im Interview zu den Armutswochen.

Mehr Informationen zu den Armutswochen finden Sie hier.

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