Die Aufgabe hat viele Facetten, die ich so nicht erwartet habe. Formale Dinge wie Vorbereitung und Leitung von Sitzungen sind Routine. Mich freut der konstruktiv-kritische und respektvolle Umgang der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister miteinander. Das macht meine Aufgabe leicht. Viel Zeit habe ich in das tiefere Kennenlernen der Region, ihrer Potenziale und Entwicklungsprobleme investiert. Nicht erwartet habe ich die abwartende Haltung der Landesregierungen von Berlin und Brandenburg und des Bundes, wenn es um die Unterstützung des Dialogforums geht. Das Flughafenumfeld ist die dynamischste Region in Ostdeutschland. Da reichen gute Worte und das Loben des kommunalen Engagements allein nicht aus. Hier braucht es praktische Unterstützung und Geld durch die Länder und den Bund. Das ist meine zentrale Forderung an die Beteiligten. Der Flughafen muss mehr als nur Terminal, Start- und Landebahn verstanden werden: nämlich als Ausgangspunkt für den Aufschwung der ganzen Region. Und hierfür müssen alle Hand in Hand arbeiten.
Welchen Beitrag kann die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Dialogforum Airport Berlin-Brandenburg dafür leisten, dass es in der Region auch wirtschaftlich stärker vorangeht?
Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft hat mit einem gemeinsamen Strukturkonzept einen Aufgabenkatalog definiert, in dem für alle Bereiche – auch die wirt-schaftliche Entwicklung – festgehalten ist, was zu tun ist.
Ich will auf zwei Dinge kurz eingehen. Erstens geht es um die Frage, wo weitere Gewerbeflächen entwickelt werden können. Das ist nicht losgelöst von einer bestehenden Flächenkonkurrenz zwischen Gewerbe, Wohnen und Verkehr und dem Erhalt der Natur in der Region. Dafür wird gegenwärtig ein Informationssystem aufgebaut, das alle Daten enthält, um nachhaltige Entscheidungen über Ortsgrenzen hinaus zu treffen.
Entwicklung erzeugt Verkehr. Die gemeinsame Verkehrsengpassanalyse der Kammern und des Dialogforums hat gezeigt, dass der Flughafen verkehrlich besser angebunden ist als Tegel. Das ist gut für die Reisenden.
Aber insgesamt ist die Verkehrsinfrastruktur, was Berufspendler und den Wirtschaftsverkehr betrifft, am Limit. Das sehen auch die IHKs in Berlin und Brandenburg so. Deshalb war die Verkehrsengpassanalyse kürzlich Gegenstand der Wirtschaftskonferenz der Kammern.
Wir brauchen Mittel aus dem Infrastrukturpaket des Bundes, um sowohl die Autobahnanbindung (A10, A12, A113, A14) als auch die Bahnanbindung der Region (Anhalter Bahn) schnell auf die notwendigen Kapazitäten aufzurüsten. Auch die Verlängerung der U7 würde eine deutliche Verbesserung im ÖPNV bedeuten. Hier sind jetzt die die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg gefordert, sich für die Realisierung der Projekte beim Bund mit Nachdruck einzusetzen.
Das Dialogforum ist nicht allein mehr eine Plattform, in der sich die Kommunen nur mündlich austauschen und Erklärungen abgeben: welchen praktischen Nutzen haben Städte, Gemeinden und Bürgerinnen und Bürger durch das Dialogforum?
Maßstab für den Erfolg unserer Arbeit ist, wenn sich durch unser Engagement für die Menschen in der Region etwas zum Positiven verändert. Ich will das an einem Beispiel kurz erläutern. Radfahren ist nicht nur ein erholsamer Freizeitsport. Das Rad ist inzwischen ein wichtiges Verkehrsmittel geworden. Das erfordert ein gut ausgebautes lückenloses Radwegenetz. Da sind wir in der Region ein gutes Stück vorangekommen, das hat die Analyse des Dialogforums zum Radwegenetz in der Flughafenregion gezeigt. Nun haben wir gemeinsam mit Partnern ein Konzept entwickelt, wie die Lücken geschlossen werden können.
Allein der Wille zur Veränderung reicht nicht aus, es bedarf wie überall Geld dafür. Deshalb hat des Dialogforum einen regionalen Entwicklungsfonds aufgelegt, in den die Kommunen einzahlen und aus dem dann auf Antrag und nach Prüfung
durch eine Jury interkommunale Radverkehrsprojekte/Lückenschlüsse mitfinanziert werden. In diesem Jahr fließt Geld aus dem Fonds in ein Projekt zum Lückenschluss zwischen Blankenfelde-Mahlow und Ludwigsfelde.
Weitere Beispiele für die konkrete Arbeit sind das Projekt niveaufreie Bahnquerungen und der Aufbau des Klimanetzwerkes.
Ein neuer Vorsitzender bedeutet auch immer, dass etwas anders ist und etwas anders gemacht wird als vorher: Was haben Sie schon neu gemacht?
Mein Auftrag ist es die Region als Wachstumsregion und Heimat von über 500 000 Menschen stärker als bisher in den Köpfen der politischen und administrativen Entscheidungsträger zu verankern. Die letzten sechs Monate habe ich deshalb dazu genutzt, intensive Gespräche mit Ministern und Senatoren sowie den Parlamenten zu führen. Mein Motto dabei: Das politische Bekenntnis zur Unterstützung der Region ist gut, reicht aber nicht aus. „Der Worte sind genug gewechselt, lasst uns endlich Taten sehen!“
Man kennt mich inzwischen als „Sprecher“ des Dialogforums. Es gibt auch die eine oder andre Zusage. Für ein Fazit ist es aber noch zu früh.
Was ich in den nächsten Monaten verstärkt tun werde ist, mit den kommunalen Vertretungen zu sprechen. Nicht alle Gemeindevertreter und Stadtverordnete kennen die Arbeit des Dialogforums. Aber ihre Entscheidungen z. B. über Finanzen sind wichtig für die Wirksamkeit der Arbeit des Dialogforums. Das „Wir-Gefühl“ der Region ist wichtig für Erfolg der Region. Es muss gestärkt werden.
Vielen Dank, Helmut Barthel!
Weitere Materialien, die im Interview angesprochen wurden:
Gemeinsames Strukturkonzept für die Region: Gemeinsames Strukturkonzept für die Flughafenregion – Dialogforum BER
Informationssystem DFIS: Informationssystem DFIS – Dialogforum BER
Handlungsprogramm Radwege: Handlungsprogramm Radwege für die Flughafenregion – Dialogforum BER
Regionaler Entwicklungsfonds: Regionaler Entwicklungsfonds – Dialogforum BER
Fakten über das Dialogforum: 20250207_Fact Sheet
Über uns: 20250207_Presseinformation Dialogforum Über uns
Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Dialogforum Airport Berlin Brandenburg (KAG DF) ist seit 2006 eine zentrale Kommunikations- und Kooperationsplattform der Kommunen in der Flughafenregion und der drei anliegenden Berliner Bezirke mit dem Flughafenbetreiber sowie der BADC. Die Länder Berlin und Brandenburg und die beteiligten Landkreise sind beratende und unterstützende Mitglieder. Aufgabe des Dialogforums ist es, einen Raum für einen transparenten Dialog zwischen den Mitgliedern anzubieten, gegenseitiges Vertrauen zwischen den Akteuren aufzubauen, Entwicklungsziele zu vereinbaren und einen Interessenausgleich zu befördern.
Kommunale Arbeitsgemeinschaft Dialogforum Airport Berlin Brandenburg
Mittelstraße 11
12529 Schönefeld – Brandenburg
Telefon: +49 (30) 609175988
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