Future Fabrics auf der MUNICH FABRIC START

Die Stoffmesse MUNICH FABRIC START etabliert sich in Deutschland zur führenden Plattform für zukunftsrelevante Textilinnovationen im Fashionbereich. Der Münchner Stoffmesse gelingt es, eine Balance zwischen Euphorie für Neues und kritischer Auseinandersetzung herzustellen. Ein Überblick über einige Highlights der jüngsten Messe im September und ein erster Ausblick auf die bevorstehende Veranstaltung.

Ein neues Materialzeitalter hat längst begonnen: Die Anzahl neuer Innovationen aus alternativen Rohstoffen, die biobasiert, recycelt, recycelbar oder biologisch abbaubar sind, steigen von Jahr zu Jahr. Aus experimenteller Forschung werden marktrelevante, nachhaltige Alternativen, die optimalerweise beides zusammenbringen: größtmögliche positive Aufmerksamkeit sowie echten nachhaltigen Fortschritt; eine Wende für den Ausstieg aus fossilen Rohstoffen und Lösungen für das textile Müll-Dilemma. Die MUNICH FABRIC START ist in Deutschland die führende Messe für zukunftsrelevante Textilinnovationen für den Fashionbereich. Ob auf der integriert stattfindenden internationalen Denim Tradeshow BLUEZONE oder in den Areas Fabrics und Additionals mit Materialneuheiten für alle Bekleidungssegmente, ReSOURCE und Sustainable Innovations für nachhaltige Denkansätze, Design Studios mit Stoffdesigns und neuen Entwicklungen für Prints, dem Innovationshub KEYHOUSE oder im neuen Sourcing-Areal THE SOURCE für internationale, vertikale Integration – nachhaltige Entwicklungen ziehen sich durch alle Bereiche. Fünf Sustainable Innovations to watch:

Tee-Textilien

WASTEA by SCAYS: Von Schuhen, über Gürtel und Taschen bis hin zu Flugzeugen oder Yachten – in all diesen Bereichen könnte in Zukunft eine neue pflanzenbasierten Lederalternative zum Einsatz kommen: WASTEA. Nach der Einführung von Apfelleder hat die Unternehmensgruppe mit Sitz in Istanbul, SCAYS, auf der vergangenen Edition der MUNICH FABRIC START seine neueste Entwicklung präsentiert: Leder aus Teeabfällen. WASTEA basiert auf zwei Komponenten – einem Textil als Basis und einer Beschichtung aus dem neuen Tee-Material. Für ein späteres Recycling könnten die Schichten voneinander getrennt werden, so SCAYS. Aus dem Textil werden wieder Textilien, aus WASTEA wird WASMENT – eine neue Art Zement, aus dem das Unternehmen in der nahen Zukunft Schulen bauen möchte.

Blumenleder
Flower Matter by Irene Purasachit: Täglich entstehen Unmengen an Blumenabfällen – die in Finnland lebende Designerin Irene Purasachit schenkt ihnen ein zweites Leben. Blumenstiele und -blätter recycelt sie zu Stoff und Papier – eine vegane Alternative zur Herstellung von Taschen, Geldbeuteln oder Blumenpapier. Da das sogenannte „Flaux“ Material zu 100 Prozent aus Blumenresten besteht, ist es komplett natürlich, biologisch abbaubar, plastik- und lederfrei.

Bakterielle Zellulose
Biotic by Studio Lionne van Deursen: Man nehme Hefe, Bakterien und gesüßten grünen Tee – nach einem Fermentationsprozess wird daraus biologisch abbaubares, widerstandsfähiges und hochflexibles Material. Wie das funktioniert? Mikroben spinnen Nanofasern aus bakterieller Zellulose auf eine Oberfläche. Sobald diese Schicht getrocknet ist, wird sie zu einem festen Material, das sich in den Eigenschaften sehr ähnlich zu Leder verhält. In Experimenten mit Pflanzenfarben und Farbstoffen aus Fruchtabfällen hat die gleichnamige Designerin des Studios für Materialforschung und Produktdesign „Lionne van Deursen“ aus den Niederlanden eine Stoffkollektion in bunten Farben, mit unterschiedlicher Lichtdurchlässigkeit und abwechslungsreichen Mustern entwickelt.

Upcycling mit Alpaka
Re-Up-Cycle by Incalpaca: Der Alpaka-Spezialist Incalpaca hat eine hochspezialisiertes Re- und UpcyclingVerfahren entwickelt, bei dem aus Textilresten neue langlebige High-End-Gewebe entstehen. Dafür kauft Incalpaca Stoffreste wie Webkanten, Muster oder Garne aus alten Lagerbeständen, mischt diese mit Alpakafasern und stellt daraus hochwertige Re-Up-Cycle-Garne her. Verwendet werden können Abfälle aus Wolle und Nylonmischungen sowie recyceltes Nylon, mit Acryl und Baumwolle hingegen funktioniert das Verfahren nicht. Auch extrem kurze Fasern können verarbeitet werden. Das Ergebnis: 120.000 Kilogramm recyceltes und upcyceltes Garn jährlich – zum Beispiel für Capes, Throws und Mäntel.

UV-sensible Garne
Sunkolor by Panorama Fabrics: Mit dem zunehmenden Klimawandel steigt auch die Menge der unsichtbaren UV-Strahlen der Sonne. Das Problem daran: Die jeweilige Stärke ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Genau das kann mit Sunkolor gelingen, denn das Material hilft dabei, die Sonneneinwirkung visuell wahrzunehmen. Das Berliner Design Studio Panorama Fabrics hat eine Technologie für Garne entwickelt, die UV-Strahlen in Textilien sichtbar machen. Durch die Sonneneinstrahlung verwandelt sich die Farbe der Sunkolor-Garne und zeigt für die menschliche Haut gefährliche UV-Indexbereiche an.

„In den letzten fünf Jahren hat die bahnbrechende Wissenschaft die Bekleidungsindustrie mit einem Experiment nach dem anderen verändert. Die Nachfrage nach neuen Stoffen ist groß und einige der besten Kandidaten sind Nylons aus Rizinusbohnen, Leder aus Pilzen und synthetische Spinnenseide. Die neuen Materialien, die einige Fehler der Textilindustrie korrigieren sollen, haben die Aufmerksamkeit einiger der prominentesten Akteure in der Modeindustrie auf sich gezogen, und das ist eine hervorragende Sache“, beobachtet Muchaneta Ten Napel, Gründerin und Chefredakteurin von Fashnerd.com und Shape Innovate auf der MUNICH FABRIC START.

Während ihres Vortrags „Textile Innovations: Fabrics for the Future“ diskutierte sie in diesem Zusammenhang aber auch kritisch den wichtigen Aspekt des Greenwashings. Bei jeder nachhaltigen, textilen Weiterentwicklung stelle sich die Frage, wie nachhaltig sie denn wirklich sei. Insbesondere beim Thema Recycelbarkeit sieht sie noch großen Handlungsbedarf.

Nachhaltige Innovationen werden den Besucher:innen auch auf der kommenden MUNICH FABRIC START Spring.Summer 24 vom 24. bis 26. Januar 2023 im MOC München sowie auf der BLUEZONE und im KEYHOUSE vom 24. bis 25. Januar 2023 auf dem Zenith Areal quer durch alle Schritte der Wertschöpfungskette finden: von zahlreichen zukunftsweisenden Materialien über wasserloses Färben und sauerstoffbasierte Veredlung bis hin zu KI-gesteuerten Verfahren.

ReSOURCE, die etablierte Sourcing Plattform für nachhaltige Materialentwicklungen mit bio-zertifizierten, biobasierten, recycelten, kreislauffähigen oder aus regenerativen Quellen hergestellte Stoffe und Zutaten und gewinnt zunehmend an Bedeutung – und zieht aus diesem Grund im Januar zentral in Halle 2. Zur kommenden Saison werden auf dem Areal rund 200 ReSOURCE Materialien vorgestellt. Auf der Online-Plattform werden aktuell rund 600 innovative Fabrics und Additionals von rund 90 Unternehmen gezeigt.

Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Traceability, Technologie oder Finishing – im KEYHOUSE werden auf über 1.000 Quadratmetern zukunftsweisende Show Cases und Sustainable Innovations im Spotlight stehen. Hier ist auch das Hauptvortragsforum der MUNICH FABRIC START mit exklusiven Keynotes, Podiumsdiskussionen, Trend Präsentationen, Q&A Sessions & Expert:innen-Talks internationaler Brancheninsider verortet.

Die Zahl der Anmeldungen von relevanten Produzent:innen zeigt schon zum jetzigen Zeitpunkt einen großen Zuspruch für die Veranstaltungen im Januar. Somit wird München wieder zum globalen Dreh- und Angelpunkt für die wichtigsten Segmente der Branche.

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