Neue Kämpfe und zweite Corona-Welle verschärfen humanitäre Katastrophe im Jemen

Vor dem sechsten Jahrestag der Jemen-Krise am 26.03. steht das Land am Rande einer weiteren Katastrophe: Die zweite Corona-Welle trifft das Land hart, die Todeszahlen steigen seit Anfang März stark an, zuletzt um das 22-fache. Neue Kämpfe, die hunderttausende Menschen zur Flucht in überfüllte Notunterkünfte zwingen könnten, verschärfen die angespannte Lage zusätzlich. Oxfam fordert von der internationalen Gemeinschaft neue Anstrengungen für den Friedensprozess im Jemen.

In den ersten beiden Märzwochen waren die registrierten Todesfälle durch Covid-19 im Jemen 22-mal höher als in den ersten zwei Februarwochen. Offizielle Zahlen sprechen von 3418 Fällen und 751 Todesfällen durch Covid-19, was einer Sterblichkeitsrate von 22 Prozent entspricht – einer der höchsten der Welt. Im Jemen gibt es allerdings keine flächendeckenden Tests, Menschen werden nur getestet, wenn sie mit schweren Symptomen in ein Gesundheitszentrum oder Krankenhaus eingeliefert werden. Die tatsächliche Zahl der an Covid-19 Verstorbenen dürfte daher weit höher liegen.

Obwohl der Bedarf gestiegen ist, arbeitet das jemenitische Gesundheitssystem nur mit schätzungsweise der Hälfte seiner Vorkriegskapazität und viele Mitarbeiter*innen im Gesundheitswesen wurden seit Monaten nicht bezahlt. Im ganzen Land gibt es nur 700 Betten in Intensivstationen und 500 Beatmungsgeräte – für eine Bevölkerung von 30 Millionen Menschen. Bisher wurde im Jemen noch niemand gegen Covid-19 geimpft, wobei das Land noch in diesem Monat mit der ersten Lieferung von Impfstoffen rechnet. 

Muhsin Siddiquey, Oxfams Landesdirektor im Jemen: „Millionen Menschen im Jemen stehen bereits am Rande des Abgrunds und klammern sich mit letzter Kraft ans Überleben. Nach sechs langen Kriegsjahren haben die Menschen keine Kraft mehr. Das Letzte, was sie brauchen, ist eine weitere Corona-Welle und eine Intensivierung der Feindseligkeiten."

Neue Kämpfe in Marib könnten Tausende zur Flucht zwingen

Intensive Kämpfe im nordjemenitischen Gouvernement Marib drohen erneut, fast 400.000 Menschen zur Flucht zu zwingen. . Mehr als vier Millionen Menschen sind bisher durch den Konflikt vertrieben worden, fast 68 Prozent der Jemenit*innen benötigen humanitäre Hilfe. Die UN schätzen, dass 1,2 Millionen Menschen nach Marib geflohen sind, das bis vor kurzem als relativ sicher galt. Seit Februar sind bereits mehr als 11.000 Binnenvertriebene in Marib erneut vertrieben worden, ganze Camps für Geflüchtete mussten evakuiert werden. Viele dieser Menschen werden bereits zum vierten oder fünften Mal vertrieben, weil sich die Frontlinien des Krieges verschoben haben. Örtliche Beamte berichten Oxfam, dass sie die UN-Zahlen für zu niedrig halten und davon ausgehen, dass tatsächlich bis zu 3 Millionen Menschen in der Region vertrieben wurden.

Erneute Kämpfe um Taiz, Hajjah, Al-Hudaida und Aldhale’e haben zudem neues Elend auch in diese Städte gebracht. Die UN warnen bereits, dass der Jemen vor der schlimmsten Hungersnot steht, die die Welt seit Jahrzehnten gesehen hat. Zudem drohen mit Beginn der Regenzeit neue Cholera-Ausbrüche.

Gewalt, Zerstörung und Elend nehmen zu

Muhsin Siddiquey sagt: „In den Städten des Landes erleben die Menschen verstärkte Kämpfe und eine zweite Covid-19-Welle. Viele Menschen gehen nicht ins Krankenhaus, wenn sie Symptome haben – sie haben Angst vor unbezahlbaren Arztrechnungen. Wir hören außerdem schreckliche Berichte über getötete Kinder, Häuser in Wohnvierteln, die getroffen und Menschen, die zur Flucht gezwungen wurden. Wir machen uns große Sorgen, dass diese neuen Vertreibungen die Ausbreitung von Covid-19 verstärken werden. Die völlig überfüllten Camps für Geflüchtete sind besonders anfällig für Covid-19, weil es nicht genug sauberes Wasser zum Händewaschen und wenige Masken gibt und Abstandsregeln schwer einzuhalten sind. Ich höre täglich von Menschen, die mit Covid-ähnlichen Symptomen sterben, aber da es kaum Tests oder medizinische Hilfe gibt, können wir das wahre Ausmaß des Problems nur erahnen."

Oxfam fordert die internationale Gemeinschaft auf, sich wieder mehr für ein Ende des Krieges in Jemen einzusetzen: „Dies ist ein menschengemachter Konflikt und diese Todesfälle sind vermeidbar. Das verstärkte Engagement der UN und das Bekenntnis der neuen US-Regierung für Frieden im Jemen, bieten der  internationalen Gemeinschaft die Chance, mehr Druck auf alle Konfliktparteien auszuüben, das Leiden zu beenden. Frieden ist möglich, wenn die Regierungen dem Schutz von Menschenleben Vorrang vor politischen Machtspielen einräumen", fordert Muhsin Siddiquey.  

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