Die Corona-Pandemie hat in diesem Wettbewerbsjahr auch für die Arbeit der Grimme-Preis-Kommissionen große Veränderungen mit sich gebracht: Erstmals in der Geschichte des Preises gibt es keine Präsenzsitzungen der Gremien, die Sichtungen erfolgen in mehreren digitalen Sitzungswochen. „Das Sichten und Sitzen über und vor dem heimischen Computerbildschirm über sehr viele Stunden des Tages hat alle Beteiligten vor große Herausforderungen gestellt. Umso mehr freue ich mich, dass wir das für den Grimme-Preis bewährte Verfahren des gemeinsamen Sichtens und Diskutierens erfolgreich durchführen konnten,“ so Dr. Frauke Gerlach, Direktorin des Grimme-Instituts, und weiter: „Wir danken allen Gremienmitgliedern, die diesen Weg mit uns gegangen sind.“
Dass die Corona-Pandemie in Formaten inhaltlich wie auch gestalterisch aufgegriffen wurde, lässt sich über alle Kategorien hinweg beobachten. Einerseits wird an Alltagssituationen in Videokonferenzen und auf dem Sofa („Drinnen“ (btf/eitelsonnenschein für ZDF-Das kleine Fernsehspiel/Quantum/ZDFneo) oder „Social Distancing“ (Hazel&Thomas)) angeknüpft, andererseits schwerwiegende soziale Probleme wie „häusliche Gewalt“ (@Kalinka08 – Melde dich bitte (Studio Zentral für ZDF)) oder die Situation von Senior*innen in Alten- und Pflegeheimen (Panorama – Trennung am Lebensende (NDR)) verarbeitet.
Die Nominierungen belegen erneut, dass gerade die Produktionen zukunftsweisend für das Fernsehen sind, die mit Konventionen brechen, gesellschaftspolitisch aktuelle Themen wie Sexismus und Rassismus aufgreifen und das Publikum herausfordern. Dies zeigt sich beispielsweise an der Nominierung der Ausgabe „Männerwelten“ des Formats „15 Minuten Joko & Klaas“ (Florida Entertainment für ProSieben) oder der Rassismus Spezial-Ausgabe der „Caroline Kebekus Show“ (btf/UnterhaltungsFlotte TV für WDR) in der Kategorie Unterhaltung; an der Nominierung von Produktionen wie „Masel Tov Cocktail“ (Filmakademie Baden-Württemberg für SWR/ARTE) und „Kuntergrau“ (anyway e.V./Studiomitte Filmproduktion/sounds fresh studios für kuntergrau.net) in der Kategorie „Kinder & Jugend“, die sich auf kreative Weise mit Antisemitismus und Homophobie auseinandersetzen und dabei beispielhaft für ein zeitgemäßes Jugendfernsehen stehen.
Im Wettbewerb Fiktion wurden zum ersten Mal ebenso viele Fernsehfilme wie Serien mit einer Nominierung bedacht. Hier überzeugten die Kommission die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität und Lebenswirklichkeit in lebensnaher und emotionaler, teils düsterer, teils humorvoller Art, mit kreativen und ungewöhnlichen Formaten aber auch, ebenso wie in den weiteren drei Wettbewerbskategorien, die Bearbeitung gesellschaftlich relevanter Themen. Mit „Unorthodox“ (Studio Airlift/Real Film Berlin für Netflix), „Das letzte Wort“ (Pantaleon Films für Netflix), „MaPa“ (readymade films für Joyn/rbb) und „Dignity“ (Story House Pictures/Invercine & Wood für Joyn) können sich vier Serien privater Anbieter über eine Nominierung freuen. Zudem wurde mit „Rohwedder – Einigkeit und Mord und Freiheit“ (Gebrüder Beetz für Netflix) zum ersten Mal eine Produktion eines Streaminganbieters in der Kategorie Information & Kultur nominiert.
Die 23 nominierten Produktionen und Leistungen der Information & Kultur spiegeln viele der drängenden gesellschaftlichen Fragen des Jahres wie die Klimakrise, Rechtsextremismus und -terrorismus und die Situation Geflüchteter auf Lesbos wider. Für die Besondere Journalistische Leistung nominierte die Kommission die Journalistinnen Mai-Thi Nguyen-Kim, Isabel Schayani und Xenia Böttcher.
„Bei der Bekanntgabe der Nominierungen im Januar 2020 sprach ich von 2019 als einem Jahr, das uns als Gesellschaft gefordert hat – nicht ahnend, welche Herausforderungen uns noch erwarten würden.“, so Frauke Gerlach. „Die Kultur-, Film- und Fernsehbranche blickt auf ein schwieriges Jahr voller Einschränkungen zurück. Aktuell wissen wir nicht, wann das kulturelle Leben wieder starten kann, wann große Produktionen wieder möglich sein werden. Die Nominierungen dieses Jahres zeigen uns aber auch, dass durch den kreativen Umgang mit der Situation, durch großes Engagement und Flexibilität auf allen Seiten anrührende, fesselnde und einmalige Fernsehmomente geschaffen wurden.“
Die Preisträgerinnen und Preisträger des 57. Grimme-Preises werden am 11. Mai 2021 bekanntgegeben. Die Preisverleihung ist für den 27. August 2021 geplant. Die Übersicht über alle Nominierten findet sich hier.
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