Heute Preis für den schlimmsten Tierversuch verliehen

Der bundesweite Verein Ärzte gegen Tierversuche hat heute dem Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar das „Herz aus Stein 2020“ verliehen, wo seit Jahren Mäusen eine Art Bullauge in die Rückenhaut implantiert wird. Mit dem Negativpreis will der Verein auf besonders grausame und absurde Tierversuche aufmerksam machen und eine herzlose Forschung anprangern, bei der fühlende Tiere zu bloßen Messinstrumenten degradiert werden. Die Uniklinik hat den Preis nicht angenommen.

Am Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg/Saar werden Mäuse mit sogenannten Rückenhautkammern ausgestattet: zwei Metallrahmen, zwischen die die Rückenhaut der Maus extrem stark aufgespannt und wie bei einem Sandwich eingeklemmt wird. In die gespannte Haut wird ein Loch in eine Seite der Haut geschnitten. In dieses „Bullauge“ werden kleine Stücke Lungenwebe anderer Mäuse eingepflanzt. Mit dieser Methode soll die Entstehung von kleinen Blutgefäßen in Lungengewebe im lebenden Tier beobachtet werden können.

Die Mäuse müssen 14 Tage mit dem riesigen Metallrahmen auf dem Rücken leben. Das Konstrukt wiegt 2-3 g, also ein Zehntel des normalen Mäusegewichts. Vergleichbar würde ein 70 kg schwerer Mensch ein ca. 7-9 kg schweres und 70×35 cm großes Metallgerüst wochenlang ununterbrochen auf dem Rücken tragen.

„Solche Tierversuche sind nicht nur extrem grausam, sondern auch vollkommen sinnlos, zumal es längst moderne Möglichkeiten gibt, humane Blutgefäße auf einem Chip zu züchten“, weiß Dipl. Biol. Julia Radzwill, die zusammen mit Notarzt Dr. med. Rolf Simon, der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. rer. nat. Dilyana Filipova und weiteren Aktivisten des Vereins heute auf dem Campus des Universitätsklinikums des Saarlandes den Negativpreis überreichen wollte. Die Forscher der Uniklinik verteidigten ihre altertümlichen Methoden, indem sie die Delegation des Ärztevereins mit etwa 30 Personen umringten und eine Stunde lang in eine Diskussion verwickelten. Es wurde deutlich, dass der Dekan und die Forscher kein Interesse an tierversuchsfreien Methoden haben und nicht von Tierversuchen abrücken wollen.

Ärzte gegen Tierversuche hatte zu einer Online-Abstimmung aufgerufen, bei der Bürger aus 5 Kandidaten den schlimmsten Tierversuch auswählen konnten. Von 7.301 Stimmen entfielen 2.230 (30%) auf Homburg, knapp gefolgt von der Uni Tübingen, wo Mäuse 8 Wochen lang ohne Pause 7 verschiedenen Arten von Stress ausgesetzt wurden.

Die Versuchsbeschreibungen sind der öffentlichen Datenbank des Vereins entnommen, in der mehr als 5.000 Beschreibungen von in Fachzeitschriften veröffentlichten Tierversuchen aus Deutschland inklusive Originalquellen dokumentiert sind.

„Die Uni Homburg steht symbolisch für eine unethische Forschung und wissenschaftliche Sackgasse“, erklärt Dr. Filipova. Tierversuche seien als ein Auslaufmodell zu sehen, das nicht nur aus ethischen Gründen, sondern auch angesichts der inzwischen verfügbaren immensen Vielfalt humanbasierter Forschungsmethoden, etwa mit aus menschlichen Zellen gezüchteten Miniorganen, endlich abgeschafft werden muss. „Mit der Vergabe des ‚Herz aus Stein‘ wollen wir Menschen aufrütteln und zeigen, dass wir einen Ausstieg aus dem System Tierversuch brauchen zugunsten einer humanbasierten Forschung“, so die Biologin abschließend.

Weitere Informationen

www.herz-aus-stein.info

Stellungnahme zu Rückenhautkammern – Eine schwere Last zu tragen >>

www.datenbank-tierversuche.de

Originalpublikation: Regelin N. et al. A murine model to study vasoreactivity and intravascular flow in lung isograft microvessels. Scientific Reports 2019; 9: 5170

Über den Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche e.V. besteht seit 1979 und ist ein bundesweiter Zusammenschluss aus Ärzten, Tierärzten und Naturwissenschaftlern, die Tierversuche aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen ablehnen. Der Verein engagiert sich für eine moderne, humane Medizin und Wissenschaft ohne Tierversuche, die sich am Menschen orientiert und bei der Ursachenforschung und Vorbeugung.

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