Warum ist die kommunale Wärmeplanung Deiner Meinung nach aktuell so entscheidend?
Markus Euring: Die Energiewende im Wärmesektor ist zentral, wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen. Etwa 50 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen auf Wärme – das zeigt die Bedeutung deutlich. Kommunale Wärmeplanung bietet hier einen strategischen Rahmen, um erneuerbare Energien und effiziente Technologien systematisch und lokal angepasst einzubinden. Gerade in dieser frühen Phase ist es wichtig, dass die richtigen Grundlagen gelegt werden.
Was beobachtest Du derzeit in der Praxis? Läuft die Wärmeplanung überall nach Plan?
Markus Euring: Leider nicht. In vielen Fällen wird Wärmeplanung eher als rein technisches oder administratives Projekt betrachtet. Es fehlt häufig eine strategische Perspektive und eine echte Verankerung auf kommunalpolitischer Ebene. Dabei sollte Wärmeplanung ein ganzheitlicher Prozess sein, der nicht nur technische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Aspekte integriert.
Woran liegt das Deiner Meinung nach?
Markus Euring: Ein wesentlicher Grund ist, dass oft kurzfristige Lösungen gesucht werden. Es geht darum, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, aber nicht darum, ein zukunftsfähiges Wärmenetz zu entwickeln. Das führt dazu, dass Potenziale für nachhaltige Versorgung – etwa durch Wärmenetze – gar nicht erst erkannt oder systematisch geprüft werden.
Welche Rolle spielt dabei die Politik vor Ort?
Markus Euring: Eine sehr zentrale. Ohne Rückendeckung aus Verwaltung und Politik bleibt Wärmeplanung oft in der Fachabteilung stecken. Erst wenn Bürgermeister:innen und Räte die strategische Bedeutung erkennen und sich klar zu langfristigen Zielen bekennen, kann daraus ein wirkungsvoller Prozess entstehen. Dann werden auch Entscheidungen getroffen, die den Ausbau klimafreundlicher Infrastrukturen möglich machen.
Welche Chancen siehst Du konkret durch Wärmenetze?
Markus Euring: Wärmenetze sind ein zentraler Baustein der Wärmewende. Sie ermöglichen es, lokal verfügbare erneuerbare Energiequellen – etwa industrielle Abwärme, Biogas oder Großwärmepumpen – effizient zu nutzen. Besonders in dicht besiedelten Gebieten kann so eine stabile, nachhaltige Versorgung geschaffen werden. Aber das funktioniert nur, wenn die Netze strategisch geplant und wirtschaftlich tragfähig umgesetzt werden.
Was muss sich ändern, damit das besser gelingt?
Markus Euring: Wir brauchen mehr strategisches Denken und Mut zur langfristigen Perspektive. Die kommunale Wärmeplanung muss als Entwicklungsaufgabe verstanden werden – nicht als Pflichtaufgabe. Dazu gehört eine frühzeitige Einbindung aller relevanten Akteure, eine realistische Potenzialanalyse und die Bereitschaft, konkrete Projekte anzustoßen. Nur dann entstehen am Ende auch funktionierende Wärmenetze, die einen echten Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Wie sicherst Du die Qualität und Vollständigkeit der Daten in der kommunalen Wärmeplanung?
Markus Euring: Wir nutzen verschiedene Datenquellen – von landesweiten Gutachten über Kehrdaten bis hin zu Erhebungsbögen für Fokusgebiete. Die Daten werden geprüft, ergänzt (z. B. durch Simulationen) und in einen digitalen Zwilling überführt, der laufend aktualisiert wird. Wir arbeiten dabei eng mit unserem Partner heatbeat zusammen.
Welche Rolle spielt Energieeffizienz – und wie realistisch sind Verbrauchsprognosen?
Markus Euring: Die Sanierungsquote liegt derzeit unter 1 %, 2 % wären nötig, aber sind aktuell unrealistisch. Der digitale Zwilling hilft, verschiedene Szenarien abzubilden. Da Einsparungen langsam erfolgen, ist eine schnelle Dekarbonisierung – z. B. über Wärmenetze – umso wichtiger.
Nach welchen Kriterien werden Wärmenetzgebiete abgegrenzt?
Markus Euring: Neben Wärmedichte zählen auch Energiequellen, Betreiberform und Tiefbaukosten. Letztere sind auf dem Land oft günstiger als angenommen. Um Entscheidungen zu erleichtern, haben wir einen Wärmenetz-Rechner entwickelt, der am 4. Juli online vorgestellt wird.
Wie gelingt die Zusammenarbeit von Kommunen, Versorgern und Bürgern?
Markus Euring: Offene Kommunikation ist entscheidend. Nicht immer ist ein klassischer Versorger verfügbar – dann können Bürgerprojekte wie Genossenschaften eine Lösung sein. Kommunale Unterstützung und aktive Bürger sind zentrale Erfolgsfaktoren.
Gibt es regionale Unterschiede?
Markus Euring: Ja, insbesondere bei Bekanntheit und Akzeptanz von Wärmenetzen. Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen sind Wärmenetze bereits weit verbreitet – viele kennen dort jemanden mit Anschluss, was Vertrauen schafft. In anderen Regionen, wie dem Landkreis Rhön-Grabfeld, ist die Technologie oft noch neu und mit mehr Überzeugungsarbeit verbunden. Der direkte Austausch mit bestehenden Projekten kann hier helfen, Vorbehalte abzubauen und Motivation für eigene Vorhaben zu schaffen.
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