Was das EuGH-Urteil im Abgasskandal für Verbraucher bedeutet
Erneut schafft der EuGH klare und verbindliche Grundsätze zur Entschädigung von Diesel-Käufern. Der Gerichtshof stärkt damit europaweit die Rechte der Verbraucher gegenüber den Herstellern, die Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in den Verkehr gebracht haben.
- Anspruch für alle Besitzer manipulierter Fahrzeuge: Jeder Käufer hat einen eigenen Anspruch auf Schadenersatz zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises – auch bei Gebrauchtwagen und nach Weiterverkauf.
- Keine Kürzung wegen hoher Laufleistung: Entgegen der bisherigen Praxis deutscher Gerichte ist es unzulässig, den Schadenersatz wegen hoher Kilometerleistung auf null zu kürzen.
- Software-Updates starten neue Verjährung: Wird nachträglich ein Software-Update aufgespielt, das erneut unzulässige Funktionen enthält (z. B. ein Thermofenster), beginnt die 10-jährige Verjährungsfrist bei deliktischem Handeln erneut.
- Keine Ausreden mehr für Hersteller: Die Berufung auf Unwissenheit oder eine Typgenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamts entlastet die Hersteller nicht. Wer illegale Abschalteinrichtungen verbaut hat, haftet für den entstandenen Schaden. Den sogenannten Verbotsirrtum schloss das Gericht aus.
- Im Ravensburger Ausgangsverfahren verlangten zwei Käufer von VW-Dieselfahrzeugen eine Entschädigung, weil ihre Wagen mit mutmaßlich unzulässigen Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung, sogenannten Thermofenstern, ausgestattet waren. Diese sorgten dafür, dass die Abgasrückführung ab einer Außentemperatur von zehn Grad verringert wurde – mit der Folge, dass die Stickoxidemissionen stiegen.
Rechtliche Einordnung: BGH und EuGH schaffen Klarheit
Die Entscheidung des EuGH unterstreicht die neue Linie des BGH. Dieser hatte bereits mit mehreren Urteilen seit Juni 2023 (Az. VIa ZR 335/21 u.a.) anerkannt, dass auch ein fahrlässiger Verstoß gegen europäisches Typgenehmigungsrecht einen Anspruch auf Schadenersatz begründen kann. Der BGH spricht dabei den sogenannten kleinen Schadenersatz zu, also eine pauschale Entschädigung ohne Rückgabe des Fahrzeugs. Die Höhe liegt regelmäßig zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises.
Auch für Wohnmobile gilt die neue Rechtsprechung
Das EuGH-Urteil hat auch weitreichende Folgen für Besitzer von Wohnmobilen. Viele Freizeitfahrzeuge basieren auf dem Fiat Ducato oder ähnlichen Modellen und sind mit identischer Motorentechnik wie Pkw ausgestattet. Die Fahrzeuge enthalten in der Regel ein sogenanntes Thermofenster, das die Abgasreinigung von der Außentemperatur steuert – sprich abschaltet. Der EuGH und auch der BGH haben diese Art der Abgasmanipulation für rechtswidrig erklärt. Der Bundesgerichtshof hat im November 2023 (Az. VIa ZR 1425/22) bestätigt, dass auch Wohnmobile unter die Diesel-Rechtsprechung fallen. Auch hier sind Schadenersatzansprüche möglich – unabhängig davon, ob ein Rückruf erfolgte oder das Fahrzeug noch im Besitz ist. Gerade bei Wohnmobilen sind Gerichte dazu übergegangen, mit Hilfe der Nutzungsentschädigung den Schadensersatz auf null kleinzurechnen. Da müssten jetzt die Gerichte nach Ansicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer umdenken und erhöht massiv die Chancen auf Schadensersatz.
Für welche Fahrzeuge gilt das EuGH-Urteil?
Das Urteil gilt europaweit für sämtliche Hersteller, bei deren Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt wurden, darunter:
- Volkswagen
- Audi
- Porsche
- Daimler
- BMW
- Fiat
- Weitere große Automobilkonzerne
Empfehlung an betroffene Verbraucher von Diesel-Fahrzeugen
Dieselkäufer, die zwischen 2008 und 2020 ein betroffenes Fahrzeug erworben haben – ob Pkw oder Wohnmobil, ob neu oder gebraucht – sollten jetzt ihren Anspruch prüfen lassen. Auch bei Weiterverkauf, hoher Laufleistung oder Softwareupdate bestehen gute Erfolgsaussichten. Dr. Stoll & Sauer bietet eine kostenlose Ersteinschätzung im Diesel-Online-Check an.
Dr. Stoll & Sauer zählt zu den führenden Verbraucherkanzleien
Die Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist eine der führenden Kanzleien im Verbraucherschutz. Mit 18 Anwälten und Fachanwälten berät die Kanzlei Mandanten an den Standorten Lahr, und Stuttgart in zentralen Rechtsgebieten. Besonders spezialisiert ist sie auf Bank- und Kapitalmarktrecht, den Abgasskandal, Arbeits-, Verkehrs-, IT-, Versicherungs- und Verwaltungsrecht. Die Gesellschafter Dr. Ralf Stoll und Ralph Sauer führten die Musterfeststellungsklage gegen die Volkswagen AG und handelten für 260.000 Verbraucher einen Vergleich über 830 Millionen Euro aus. Aktuell führen sie in einer Spezialgesellschaft die Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz Group AG – mit einem ersten Erfolg in der ersten Instanz. Darüber hinaus vertreten Anwälte der Kanzlei Kläger in der Sammelklage zum Facebook-Datenleck gegen den Tech-Konzern Meta in Deutschland.
Dr. Stoll & Sauer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Einsteinallee 1/1
77933 Lahr
Telefon: +49 (7821) 923768-0
Telefax: +49 (7821) 923768-889
http://www.dr-stoll-kollegen.de
E-Mail: Christoph.Rigling@dr-stoll-kollegen.de