Gleichberechtigte Teilhabe jemals garantiert?

Seit über 100 Jahren wird der internationale Frauentag weltweit begangen. Trotz vieler positiver Entwicklungen in den vergangenen 100 Jahren, bleibt aus Sicht des POLITFIX– Netzwerks auch im Jahr 2023 in Sachen Gleichstellung auf allen Ebenen, in der Politik und der Gesellschaft insbesondere mit Hinsicht auf Frauen mit Zuwanderungsgeschichte, viel zu tun.

 Der Bundesverband interkultureller Frauen in Deutschland (BIFeV) lud anlässlich des internationalen Frauentags am 08. März zum bundesweiten digitalen Treffen des POLITFIX -Netzwerks mit dem Titel „Wie steht es um die Repräsentanz und die gleichberechtigte politische und gesellschaftliche Teilhabe von Frauen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte in der Einwanderungsgesellschaft“ ein. Am 07. März 2023 kamen hierfür Vertreterinnen aus Kommunal-, Landes- und Bundespolitik, Wirtschaft, Wissenschaft und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zusammen. Gemeinsam wurde über die migrationspolitischen Entwicklungen und Herausforderungen auf der internationalen (Ukraine, Iran, Afghanistan) sowie der Kommunal-, Landes- und Bundesebene diskutiert. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen sind notwendig, um eine gleichberechtigte politische und gesellschaftliche Teilhabe von Frauen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte – auch in Elite/Führungspositionen – zu ermöglichen und gesetzlich zu sichern.

Dr.in Martina von Bassewitz, Referatsleiterin Gleichstellung, Teilhabe und Medien im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erwähnt im Rahmen der Veranstaltung die Relevanz, mehr Arbeit mit einem intersektionalen Ansatz für die gesellschaftliche Teilhabe zu leisten – ergo die Themen stets zusammenzudenken.

Katharina Heger vom Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft stellte die Ergebnisse der Studie „Vergeschlechtlichte Macht. Das intersektionale Geschlechterverhältnis in bundesdeutschen Eliten“ des Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) vor.  Stichtag der Erhebung war der 31.03.2019. Bemerkungswert ist der Frauenanteil bei den Elitepositionen auf der kommunalen Ebene: unter den Landrät*innen und Bürgermeister*innen in Landkreisen und Städten über 500.000 Einwohner*innen beträgt der Frauenanteil lediglich 5,9 %. Die Frauen mit Migrationshintergrund sind gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil an allen Eliten der Bundesrepublik deutlich unterrepräsentiert und insgesamt mit nur 1,5 % vertreten.  In der Kommunalpolitik liegt ihr Anteil bei den Elitepositionen bei 0%.

Galina Ortmann, Gründungsvorsitzende des BIFeV, Sprecherin des Vertreter*innenrats der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen (BKMO) sprach in dem Zusammenhang von gravierendem Demokratiedefizit und verwies auf die Erfolge des Modellprojekts „POLITFIX“ des BIFeV (gefördert durch die bpb), das mit einem ganzheitlichen Konzept der Unterrepräsentanz entgegengewirkte. Im Rahmen des Projekts wurden Frauen mit Zuwanderungsgeschichte in Hessen und Niedersachen zur Kommunalwahl 2021 parteiübergreifend durch ein ganzheitliches, praxisorientiertes und zielorientiertes Coaching (Eins-zu-eins-Mentoring) und zugeschnittene Empowerment- und Wahlkampfworkshops sowie die parteiübergreifende Netzwerkarbeit beim Einstieg in die Politik auf kommunaler Ebene (der Anteil liegt bei 1%) und weiteren Aufstieg in Parteistrukturen bei der Kommunalwahl 2021 unterstützt. So wurden in Göttingen, Braunschweig und Wolfenbüttel drei Teilnehmerinnen gleich als stellvertretende Bürgermeisterinnen gewählt, in Hessen und Niedersachsen zwei Teilnehmerinnen in den Landesvorstand ihrer Partei gewählt. Bei der Landtagswahl am 09. Oktober 2022 in Niedersachsen wurden drei Teilnehmerinnen aus POLITFIX-Reihen in den Landtag gewählt.

Serpil Midyatli, MdL, stellv. Bundesvorsitzende der SPD und Mitglied des POLITFIX -Beirats macht deutlich, dass die Akteur*innen schauen müssen, welche Gesetze auf der Landes- Bundes- und EU-Ebenen dahingehend verändert werden müssen, dass Frauen mit Flucht und Migrationsgeschichte sich problemlos einbringen können. Sie wies in dem Zusammenhang auf die positive Wirkung von Quoten bei der Besetzung von Aufsichtsräten und die Bedeutung von Netzwerken hin.

Dr.in Jasmin Arbabian-Vogel, Mitglied im Vorstand der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen e. V. und Mitglied des POLITFIX -Beirats betonte: „Politische Teilhabe setzt gesellschaftliche Teilhabe voraus. Beides ist kein „nice to have“, sondern ein „must have“. Denn es ist die Pluralität, die Gesellschaften weiterbringt, nicht Geschlossenheit und Homogenität.“

In diesem Zusammenhang fordert der BIFeV:

Die Ampel muss – noch vor der parlamentarischen Sommerpause 2023 – ein Bundespartizipationsgesetz auf den Weg bringen, um sicherzustellen, dass Menschen mit Rassismus- und Diskriminierungserfahrungen in die Planungsprozesse eingebunden und so strukturell an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligt werden. Neben der Änderung z.B. des Bundesgremienbesetzungsgesetzes muss die langfristige strukturelle Förderung von Migrant*innenorganisationen, Diasporaorganisationen und neuen deutschen Organisationen ein zentrales Elemente dieses Gesetzes sein.

Die umfassende Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes:

  • Es muss die Möglichkeit bestehen, Diskriminierungen von staatlichen Akteur*innen (z.B. Verwaltung, Schule und Polizei) zu sanktionieren. Dementsprechend muss das AGG auf staatliches Handeln erweitert werden, wodurch sich behördliche Akteur*innen im Anwendungsbereich des Gesetzes wiederfinden lassen würden.
  • Außerdem sollte die AGG-Reform eine Ergänzung der Klagebefugnisse von Antidiskriminierungsverbänden, um ein Verbandsklagerecht beinhalten. Bei institutionellen oder systemischen Diskriminierungsfällen, wobei ein öffentliches Interesse bei der Beseitigung besteht, bedarf es eines entsprechenden Verbandsklagerechts.
  • Darüber hinaus muss die Anspruchsgeltendmachungsfrist verlängert werden. In der Vergangenheit hat die geltende Frist von zwei Monaten bei Diskriminierungsfällen die Entstehung vieler gerichtlichern Klagen verhindert, vor allem, weil öfters keine ausreichenden Beratungsstrukturen zur Verfügung standen. Diskriminierte Personen leiten üblicherweise viel später einen gerichtlichen Prozess ein, erst nachdem sie Personen aus ihrem Umfeld oder Beschwerdestellen konsultiert haben. Genauso wie zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen fordern wir eine Verlängerung der Frist auf zwölf Monate.
Über den Bundesverband interkultureller Frauen in Deutschland e.V.

Der Bundesverband interkultureller Frauen in Deutschland (BIFeV) ist ein bundesweiter Verband von Frauen, mit Frauen und für Frauen. Er ist überparteilich, konfessionell ungebunden, ethnisch und kulturell vielfältig. Wir bekennen uns zu den Werten des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Das Hauptaufgabenfeld des BIFeV ist die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe von Frauen mit Zuwanderungs- und Fluchtgeschichte in allen Bereichen der Gesellschaft (Politik, Wirtschaft, Arbeit, Wissenschaft, Sport, Kultur, Medien) insbesondere durch das gegenseitige Empowerment und Vernetzung sowie Engagement gegen Diskriminierung und Rassismus. Darüber hinaus ermöglicht der BIFeV Zugänge und Kontakte zu bereits etablierten Netzwerken.

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