„Wenn der Russe kommt“

Jeder Krieg ist auch ein Informationskrieg. Das ist eine Binsenwahrheit, die sich im aktuellen Krieg wieder bestätigt. Über Social Media verfolgen Zuschauer*innen live und in Farbe Angriffe und Bombardierungen, ohne immer die russischen oder ukrainischen Quellen zu kennen. Unterschiedliche politische Lager in Deutschland versuchen, diesen Krieg als Vehikel zu nutzen, um ihre Narrative zu platzieren.

Deswegen ist es umso wichtiger, dass Medienschaffende recherchieren, einordnen und Betroffene hinzuziehen. Das heißt: Auch wenn die völkerrechtliche Lage klar ist, dürfen Journalist*innen weder in einen anti-russischen Duktus verfallen, der an die Zeit des Kalten Krieges erinnert.

Akute journalistische Herausforderungen:

Framing und Nachrichten

Kolleg*innen berichteten, dass wenig Zeit ist, über das richtige Wording und die adäquate Einordnung zu debattieren. In vielen Redaktionen fehlen ausgewiesene Ukraine-Expert*innen. Das ist gefährlich, weil Kriegspropaganda möglicherweise nicht schnell genug erkannt wird.

Eurozentrismus und Antislawismus

Viele Medien beschäftigt die neue Fluchtbewegung von Millionen Menschen aus dem Kriegsgebiet. In einigen Beiträgen wird dabei eine merkwürdige Unterscheidung zwischen osteuropäischen und arabischen oder afrikanischen Geflüchteten gemacht. In der NZZ war zu lesen „Es sind dieses mal echte Flüchtlinge“, Frank Plasberg bezeichnete bei „hart aber fair“ die Flüchtenden als „Menschen, die unserem Kulturkreis näher sind“. Eine solche Hierarchisierung ist rassistisch und weder notwendig noch journalistisch.

Es ist gut, dass diese Flucht nicht als Gefahr dargestellt wird. Wichtig ist trotzdem, dass Medien im Blick behalten, wo Fluchtbewegungen aus politischem Kalkül gegeneinander ausgespielt werden. Auch antislawischer Rassismus, also solcher, der sich unter anderem gegen Ukrainer*innen und Russ*innen richtet – ist bereits jetzt ein Thema, über das zu selten berichtet wird.

Deshalb ist es wie immer wichtig, mit betroffenen Menschen zu sprechen. Die Neuen deutschen Medienmacher*innen tun das zum Beispiel mit der Informationsseite Handbook Germany. Bei Begriffen zu Themen rund um Flucht und Rassismus hilft unser Glossar.

Vergessene Krisen

Immer wieder geraten Kriegs- und Krisenherde in mediale Vergessenheit. Der Ukrainekrieg war nach 2014 zu schnell aus den deutschen Medien verschwunden. Gleiches gilt für Jemen. Syrien. Afghanistan. Somalia. Südsudan. Das Argument, der Krieg in der Ukraine mache uns deshalb betroffen, weil er in der Nähe sei, stimmt nicht ganz. Libyen beispielsweise ist von Deutschland aus nur eine knappe Flugstunde weiter als Italien. Große Teile der Welt sind in deutschen Medien unsichtbar.

Hilfe für gefährdete Kolleg*innen

Journalist*innen in der Ukraine sind in großer Gefahr. Die Neuen deutschen Medienmacher*innen rufen deshalb zur Unterstützung auf.

Für unabhängige ukrainische Journalist*innen vor Ort oder im Exil sammeln N-Ost, Reporter ohne Grenzen und andere Verbände hier. Spendenaufrufe und Hilfsangebote für ukrainische Kolleg*innen sammeln auch die Freischreiber, hier.

Auch deutsche Journalist*innen berichten unter großer Gefahr. Vor allem freie Kolleg*innen bekommen dafür zu wenig Unterstützung. Gerade auch in Kriegs- und Krisenzeiten gilt: Der Schutz und die Sicherheit der Journalist*innen sollte für die Medienhäuser an erster Stelle stehen.

Das fordert auch der von unserem Verein mitinitiierte Schutzkodex.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Neue Deutsche Medienmacher e.V.
Goltzstraße 39
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Telefon: +49 (30) 26947230
http://www.neuemedienmacher.de

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