heikles erbe in niedersachsen?

Nach mehrjähriger Vorarbeit ist es endlich soweit: Dank einer Förderung durch die VolkswagenStiftung können nun die außereuropäischen Sammlungen Niedersachsens umfassend erforscht werden.

Unter der Ägide des Landesmuseums Hannover werden in den nächsten drei Jahren die eigenen Bestände sowie die ethnografischen Sammlungen in Göttingen (Georg-August-Universität), Oldenburg (Landesmuseum Natur und Mensch), Hildesheim (Roemer- und Pelizaeus-Museum) und Braunschweig (Städtisches Museum) unter die Lupe genommen. Das Verbundforschungsprojekt »Provenienzforschung in außereuropäischen Sammlungen und der Ethnologie in Niedersachsen« untersucht die Genese dieser Sammlungen in der Kolonialzeit und erschließt damit ein im deutschsprachigen Raum noch weitgehend unbearbeitetes Gebiet.

Ausgehend von Objekten aus akademischen und musealen ethnologischen Sammlungen von hoher wissenschaftlicher und kulturhistorischer Relevanz in Niedersachsen soll der Frage nachgegangen werden, wie Ethnographica in der Kolonialzeit sowie in den Jahrzehnten unmittelbar davor und danach im Rahmen welcher rechtlicher, sozialer, politischer, wirtschaftlicher und wissenschaftspolitischer Bedingungen ihre Wege nach Europa fanden. Ebenso ist zu fragen, welche Wirkung diese Objekte in Europa entfalteten – sei es, dass sie zur Legitimation kolonialer Herrschaft beitrugen, ethnologisches oder auch kunstgeschichtliches Wissen verbreiteten, primär von ökonomischer Bedeutung waren oder etwa in »Völkerschauen« der Unterhaltung dienten.

Schließlich werfen diese Objekte, wie die aktuellen Debatten über das außereuropäische Kulturerbe und die zunehmenden Rückgabeforderungen aus den ehemaligen Kolonien zeigen, auch ganz aktuelle Fragen rechtlicher und ethischer Natur auf. Für die bundesrepublikanische Gegenwart, welche auch mit Wanderungsbewegungen aus jenen Gesellschaften konfrontiert ist, aus denen die ethnografischen Objekte ursprünglich stammen, sind sie von erheblicher Bedeutung. Ihre innen- und außenpolitische Relevanz zeigt nicht zuletzt die aktuelle Diskussion um das Konzept des Humboldt-Forums in Berlin.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Geschichtswissenschaft, Ethnologie und Rechtswissenschaften (Georg-August-Universität Göttingen und Leibniz Universität Hannover) sowie den verschiedenen Museen soll somit nicht nur exemplarisch entlang einzelner Objekte den klassischen Fragen der Provenienzforschung nachgehen, sondern überdies neue Perspektiven auf die drängenden Fragen der sich wandelnden kulturgeschichtlichen, rechtlichen und moralisch-ethischen Rahmenbedingungen des Sammelns und Bewahrens eröffnen. Dabei gehen die insgesamt sieben Teilprojekte den Sammlungsbiografien, Strategien und Praktiken, Herkunftsarten und Erwerbsgeschichten sowie den involvierten Akteuren, ihren Handlungsspielräumen und Ressourcen zwar unter verschiedenen Perspektiven nach. Diese werden jedoch, z. B. im Rahmen von regelmäßigen Workshops unter Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Herkunftsländern, kontinuierlich miteinander in Bezug gesetzt.

Das Verbundvorhaben möchte auf diese Weise einen Beitrag sowohl zu den jüngeren internationalen Debatten über das koloniale Erbe der Ethnologie als auch zur internationalen Recherchier- und Erforschbarkeit repräsentativer ethnologischer Sammlungen sowie zu deren politischen, rechtlichen und ethischen Dimensionen liefern. Zugleich wird das Ziel verfolgt, durch den innovativen und transparenten Umgang mit außereuropäischen Kulturgütern ein kulturpolitisches Zeichen zu setzen und somit die Vorreiterrolle des Landes Niedersachsen auf dem Gebiet der Provenienzforschung weiter auszubauen.

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