Wichtiges Kapitel der Zwangsarbeit aufgearbeitet

„Dass die deutsche Kriegsforstwirtschaft wie selbstverständlich von der Verschleppung und Ausbeutung ungezählter Menschen profitierte, ist bedrückend“, betonte der Historiker Dr. Peter-Michael Steinsiek. Am Mittwoch, 11. April 2018, stellte der Autor gemeinsam mit der Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta und dem Präsidenten der Niedersächsischen Landesforsten, Dr. Klaus Merker, im Landtag die Ergebnisse seiner Studie zur Zwangsarbeit der Öffentlichkeit vor. Dabei waren sie zu Gast bei der Landespressekonferenz.

Am Beispiel von Harz und Solling dokumentiert die Untersuchung, in welchem Ausmaß und unter welchen Umständen zwischen 1939 und 1945 Zwangsarbeit in den Forsten auf dem Gebiet des heutigen Landes Niedersachsen stattgefunden hat. Nahezu in allen der untersuchten 40 Forstämter gab es Lager, in denen Kriegsgefangene und zivile ausländische Zwangsarbeiter, in einigen Fällen auch Zwangsarbeiterinnen untergebracht waren. Der Bedarf stieg mit zunehmender Kriegsdauer permanent an, weil der einheimische Waldarbeiterstamm kriegsbedingt schrumpfte und zugleich die Nachfrage nach Holz stetig wuchs. So ging es in der alltäglichen Arbeit um eine „Leistungssteigerung“ mit allen verfügbaren Kräften, erklärte Steinsiek. Über die Gefangenen sei verfügt worden, als handele es sich um „Sachen“. Formale Gesetze und Verordnungen hätten diesen ein ordentliches Verfahren oder gar Rechtsstaatlichkeit vorgegaukelt.

Die Landtagspräsidentin Dr. Andretta, eine Mitinitiatorin der Studie, sagte: „Die Zwangsarbeit im Wald war ein bislang vernachlässigter Aspekt in der Aufarbeitung der Schrecken des Nationalsozialismus. Ich bin den Landesforsten sehr dankbar, dass sie sich der gemeinsamen Verantwortung für unsere Geschichte stellen. Die Studie kann nachfolgenden Generationen als Gedächtnis dienen. Zeitzeugen werden immer rarer, daher ist es umso wertvoller, dass das Buch ihre Aussagen für die Nachwelt sichert.“ Mit der Studie wollen die Landesforsten, so Dr. Merker, die forstliche Zwangsarbeit erstmalig in einen größeren räumlichen Zusammenhang stellen. Dazu habe Dr. Steinsiek zahlreiche neue Quellen ausgewertet und Zeitzeugen zu den unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen der Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter befragt. „Die Landesforsten kommen mit der Studie ihrer Verantwortung als heutiger Flächeneigentümer nach. Der akribischen Recherche Dr. Steinsieks ist es zu verdanken, dass wir dieses schreckliche Kapitel nun so aufarbeiten konnten. Die Studie soll Mahnung für die Zukunft sein, dergleichen nie wieder geschehen zu lassen, und sie soll den von Verschleppung, Entrechtung und Demütigung Betroffenen ein Andenken bewahren“, erläuterte Dr. Merker.

Dr. forest. Peter-Michael Steinsiek ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Universität Göttingen. Er forscht seit vielen Jahren zu verschiedenen forstgeschichtlichen Themen. Sein Spezialgebiet ist die Forstgeschichte in den Jahren 1933 bis 1950.

Zum Hintergrund des Buches:
Tausende Männer, Frauen und selbst Kinder leisteten während des Zweiten Weltkriegs in den deutschen Forsten Zwangsarbeit. Die Forstverwaltungen waren nicht in der Lage, das für die Kriegswirtschaft deutlich erhöhte Holzeinschlagssoll mit eigenen Kräften zu erfüllen. So kamen bald nach Beginn des Krieges die ersten kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeiter zum Einsatz. Später wurden ganze Familien aus Osteuropa unter menschenverachtenden Bedingungen nach Deutschland verschleppt. Die Dokumentation dieses wichtigen Kapitels deutscher (Forst-)Geschichte 1933–1945 erfasst mit dem Solling und dem Harz große Teile des heutigen Niedersächsischen Staatswaldes. Sie macht sichtbar, in welchem Umfang und unter welch unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen die Zwangsarbeiter im Wald eingesetzt wurden.

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