Selbstfahrende Autos: Warum die Kanzlerin das autonome Fahren nicht zum Zwang erklären sollte

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist sonst eher für eine floskelhafte Sprache und nicht für klare Worte bekannt. Doch bei ihrem jüngsten Besuch in Argentinien legte sie sich fest. „Wir werden in 20 Jahren nur noch mit Sondererlaubnis selbstständig Auto fahren dürfen“, zitiert die Tageszeitung Die Welt die Kanzlerin. Und über Autofahrer sagte sie: „Wir sind das größte Risiko.“

„In Merkels eigener Sprache kann man diese Aussage nur als ‚wenig hilfreich‘ bezeichnen“, sagt der Geschäftsführer des Stuttgarter Beratungsunternehmens CENTOMO http://www.centomo.de, Michael Zondler. Der Personalberater, dessen Unternehmen eng mit der Automobilindustrie zusammenarbeitet, warnt vor Zwangs- oder Verbotsdebatten. „Bei vielen herrscht sowieso ein gehöriges Maß an Skepsis gegenüber dem autonomen Fahren. Es ist unseriös, ins Blaue hinein zu spekulieren und zu sagen, dass die Bürger im Jahr 2037 nicht mehr selbstständig Auto fahren dürfen. Eine solche Äußerung ist nicht nur fahrlässig und gefährdet die Akzeptanz einer wichtigen Zukunftstechnologie. Sie entbehrt zudem jeglicher Faktengrundlage. Die vermeintlich kühle Physikerin Merkel hat sich mit dieser Aussage ganz schön vergaloppiert.“

Der CENTOMO-Geschäftsführer weist darauf hin, dass das autonome Fahren in kleinen Schritten kommen werde. Wie das Handelsblatt schreibt, beurteilt auch die Deutsche Bank in einer aktuellen Studie die Marktchancen digitaler und selbstfahrender Autos trotz großen Potenzials zurzeit noch skeptisch. Die von Computern gesteuerten Wagen dürften den kontinuierlich wachsenden Markt nicht vor dem Jahr 2040 durchdrungen haben. Die Volkswirte der Deutschen Bank gehen davon aus, dass sich die Autohersteller im technologischen Wettlauf mit digitalen Dienstleistern wie Google oder Appel gut behaupten könnten. Auch die Chancen der Internet-Konzerne lägen im automobilen Datenmarkt, so das Handelsblatt: „Das eigene Auto bleibt zunächst der Normallfall.“

„Experten sind sich einig, dass es eine Übergangszeit von Jahrzehnten geben wird. Denn auch wenn viele technische Fragen gelöst wurden, müssen noch zahlreiche Sicherheitsaspekte, rechtliche und ethische Fragen geklärt werden. Die von Bundesverkehrsminister Dobrindt eingesetzte Ethikkommission hat ja jetzt das autonome Fahren grundsätzlich befürwortet. Wer nunt mit Worten wie Verbot, Zwang und Sondererlaubnis herumfuchtelt, erweist dem autonomen Fahren, das für Deutschlands wirtschaftliche und technologische Zukunft wichtig ist, einen Bärendienst“, sagt Zondler.

Mancher sorge sich ja jetzt schon um die Freude, ein Auto selbst zu steuern. „Dass das maschinengesteuerte Fahren aber zum Zwang werden könnte, dem Menschen nur mit Sondererlaubnis entgehen können, diese These ist so nur selten geäußert worden“, schreibt die FAZ über die unbedachten Worte der Bundeskanzlerin vor Studenten im Wissenschaftszentrum Polo Cientifico.

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